Generationskonflikte gibt es auch ohne Social Media. Doch dieser „neue“ Kanal bietet durchaus Potenzial für weitere Reibereien und kann auch zu Grundsatzdiskussionen führen, z.B. wie transparent bin ich wirklich und wie viel will ich im Social Web von mir Preis geben?
Facebook Freundschaftsanfragen von der Familie
So manch einer hat vielleicht schon Blogeinträge mit Titeln wie „Hilfe, mein Chef will mein Freund werden!“ oder „Hilfe, mein Sohn will mein Freund werden!“ gelesen. Doch wie sieht es aus mit „Hilfe, meine Mutter, meine Tante, meine Cousine, meine Großcousine wollen meine Freundinnen werden!“? Ganz recht, in der heutigen Zeit melden sich zusehends User bei Facebook oder anderen Social Networks an, um in Familienangelegenheiten „up to date“ zu sein. Und genau das kann dann für „Unterhaltungsstoff“ auf der nächsten Familienfeier führen, sowohl im positiven als auch negativen Sinn. Hier sind zwei Beispiele:
Facebook als Draht ins Ausland
Die eine Cousine macht Work & Travel durch Australien und die andere ein Praktikum in Fernost. Beide also am anderen Ende der Welt und völlig abgeschnitten von der Familie. Ist das tatsächlich so? Nein, denn Mama, Papa und noch viele andere Verwandte haben sich extra bei Facebook angemeldet, um jeden Schritt der Tochter im Ausland, weit weg von daheim „live“ mit verfolgen zu können: Arbeiten auf einer Wassermelonen Plantage, Kuscheln mit Kängurus oder Sprachbarriere, fremde Kultur und exotisches Essen. Die Postings werden noch mit einer Reihe von Fotos ergänzt und dann von Freunden und Familienangehörigen gleichermaßen kommentiert.
Dies ist ein Beispiel dafür, dass ein Social Network und die dortigen Aktivitäten auch von älteren Verwandten als positiv und nützlich angesehen werden. Denn so haben alle, die dort angemeldet sind einen direkten Draht zu den Globetrottern und müssen sich durch die regelmäßige Kommunikation keine Sorgen um diese machen. Und bei der nächsten Familienfeier werden besagte Cousinen dann noch einmal ausführlich von den Verwandten über ihre Auslandsaufenthalte ausgefragt.
Facebook als Gerüchteküche
Natürlich gibt es auch eine Kehrseite des Ganzen: Die Familie ist nun schon einmal auf Facebook vertreten und mit dir befreundet. Achtest du deshalb besonders darauf, was und wie viel du schreibst? Nein, i.d.R. nicht! Wenn also nicht gerade eine Cousine im Ausland ist, die im Fokus der Aufmerksamkeit steht, strecken die Verwandten (gemäß dem Motto „big family is watching you“) die Fühler in andere Richtungen aus. Das bedeutet, dass u.a. Posting-Anzahl und Posting-Inhalte genau unter die Lupe genommen werden. Worüber schreibt man? Wie oft schreibt man? Wer kommentiert? Und hier fängt das Problem an, denn während die eine Fraktion (zumeist die jüngere) bei der nächsten Familienfeier sagt: „Das ist doch egal, was und wie viel man schreibt!“ Hält die andere Fraktion (zumeist die ältere) dagegen und behauptet: „Das interessiert doch keinen!“ oder „So ein Seelen-Striptease ist unpassend (für das Social Web)!“
Also gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: (1) Die Freundschaft mit den Verwandten kündigen, was bei der nächsten Familienfeier nicht besonders gut ankommen würde und für böses Blut sorgen könnte. (2) Die Rederei über die eigene Person, Postings und Beziehungsstatus ertragen oder sofern möglich am besten selbst mit in das Gespräch einsteigen und gleich Gerüchte über Liebhaber, Depressionen etc. ausräumen.
Fazit: pro Family on Facebook
Sind diese beiden Beispiele nur auf Verwandte und bestimmte Generationen anwendbar? Meiner Meinung nach nicht, denn solche Situationen treten auch unter Freunden/Bekannten bzw. innerhalb derselben Generation auf. Auch ich finde die ein oder andere Statusmeldung meiner Verwandten oder Freunde bei Facebook überflüssig. Doch selektiere ich dann einfach die für mich relevanten Informationen und konzentriere mich auf die für mich wichtigen Inhalte. Und auch ich finde manchmal, dass die ein oder andere Information zu detailliert und persönlich ist. Doch den passenden Grad der Transparenz im Social Web muss jeder typgerecht für sich selbst wählen und so muss auch jeder für sich selbst entscheiden, wann eine Nachricht zu persönlich ist.
Wer sich für die Klassifizierung verschiedener Generationen, deren Werte und deren Einstellung zum Social Web interessiert, sollte auch den Social Media Recruiting OWL Blog besuchen! Hier findet ihr Artikel über:
- die Digital Natives (Generation Y und i Generation)
- die Digital Immigrants (Generation X und Baby Boomers)
- den Gesellschaftlichen Wandel
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