Vor einigen Wochen habe ich ein kurzes Video gesehen, in dem Jürgen Dawo über das Umdenken der Unternehmen in Bezug auf Social Media gesprochen hat. Der Firmengründer von „Town & Country Haus“ setzt auch selbst auf die Neuen Medien: In seinem Blog schreibt er über „Verkaufen 2.0“ und auf Twitter und Facebook veröffentlicht er regelmäßig kurze Statements. Genügend Gründe, um dem Vollblut-Unternehmer einige Fragen zum Thema „Social Media“ zu stellen …
Herr Dawo, es gibt nur wenige Unternehmer, die ein eigenes Blog betreiben. Wie kam es dazu und warum sind Sie immer noch dabei?
Ich finde Blogs von der PR her optimal, denn was da geschrieben steht, nehmen die Leser weniger als Werbung wahr. Für Interessenten sind es eher Informationen und das kommt glaubwürdiger und echter rüber, als wenn ich nur Werbung betreibe. Wer mit anderen ins Gespräch kommen und netzwerken möchte, ist im Web 2.0 genau richtig. Wo ist es einfacher, Kommentare abzugeben, als auf Blogs? Als ich mit dem Bloggen begonnen habe, war Facebook auch noch nicht so stark. Schnell stand für mich fest: Ich möchte auch selbst bloggen! Jetzt mache ich das schon seit vier Jahren und ich sehe täglich, dass es eine besondere Wirkung hat.
Was bedeutet Social Media insgesamt für Ihre Unternehmenskommunikation bei Town & Country?
Als erstes muss ich sagen, dass sich das Verkaufen an sich verändert hat – hier ist das „Web 2.0“ ja schon seit einigen Jahren im Gespräch, auch für mich war das schnell klar. Das Verkaufen, so wie es die letzten 30 Jahre stattgefunden hat, ist einfach tot. Die unter 30-jährigen, die jetzt in unsere Zielgruppe hineinwachsen, sowie die 30 bis 40-jährigen heute, die ihr Häuschen bauen, eine Familie gründen, wollen dann auch entsprechend anders behandelt werden. Da gilt nicht mehr, dass Du der beste, größte, schönste Verkäufer bist, der behauptet, er kann alles und er weiß alles. Dieses Gebaren ist out, heute muss man einfach mit den Menschen anders in Kontakt treten und diese Veränderung muss man einfach kapieren. Heute sprechen Hausbauer und Interessenten untereinander über die Marke, über Dich und nicht mit Dir. Da ist es ganz klar, dass man sich in diese Kommunikation einklinken muss. Mit Transparenz und offener Kommunikation, also über Blogs, über Twitter und andere Social Media Dienste funktioniert das – wie wir aus eigener Erfahrung wissen – am besten!
Jetzt fällt vielen Unternehmen und auch den Unternehmern gerade diese offene Kommunikation nicht immer leicht, was raten Sie anderen in dieser Hinsicht?
Das fällt einem auch nicht immer leicht! Erst einmal muss man sich ein starkes Nervenkostüm zulegen – gerade am Anfang – und darf vieles nicht persönlich nehmen. Die Leute kommentieren und schreiben oftmals abends, sind manchmal auch verärgert und schreiben dann etwas rein, was ihnen am nächsten Tag vielleicht schon wieder leid tut. Ich habe das oft schon erlebt, dass Kommentare dann letztlich gelöscht wurden oder dass die Nutzer in den nächsten Tagen noch mal eine Berichtigung geschrieben haben. Es geht doch darum, dass man es als Unternehmer nicht gewohnt ist, letztlich sofort eine Rückmeldung zu bekommen, die unter Umständen auch unter die Gürtellinie zielt – oder die zumindest sehr emotional ist. Mit diesen Dingen umgehen zu können, muss man erst mal lernen.
Wird also nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird?
Ne, aber man muss auch immer wieder versuchen mit den Leuten wirklich zu reden. Ich lasse die Negativ-Kommentare dann auch stehen und versuche, die Leute persönlich zu überzeugen, dass die Zeilen, die sie da geschrieben haben, nicht in Ordnung sind. Es sei denn, es ist herabwürdigend oder falsch – dann lösche ich den Kommentar umgehend.
Ihr größter Fehler in Bezug auf Social Media?
Ganz am Anfang meiner Twitter-Laufbahn ist es vorgekommen, dass man … überschwänglich und in guter Laune, Dinge da reinschreibt, die einfach nicht dahingehören (lacht laut) …
… gibt’s da ein paar Hintergründe, dürfen wir ein bisschen was entlocken?
Es ist ganz einfach so, dass man wirklich sehr, sehr vorsichtig sein muss und Privates nicht immer mit dem Geschäftlichen vermischen darf. Hier heißt es aufpassen – trotz allem, auch wenn man sagt, das sei eine „lose Kommunikation“. Auch wenn die Sprache im Social Web vielleicht etwas lockerer ist, muss immer gut überlegt sein, welchen Account man für welche Statements nutzt. Und gerade am Anfang, wenn man begeistert ist, mischt man eher ein bisschen – und das sollte man vermeiden oder zumindest genau überlegen, was man wirklich von sich preisgeben möchte. Private Dinge gehören nun mal in einen privaten Account, wo einen nur die echten Freunde sehen können.
Ihr schönstes Erlebnis im Social Web?
Ach, die habe ich eigentlich jeden Tag – plötzlich gewinnt man Menschen wieder, als Interessenten oder als Kunden – und auch alte Bauherren kommen plötzlich auf einen zu. Dass man in Verbindung bleibt oder neu in Verbindung mit Menschen tritt, die vor zwölf Jahren mit uns gebaut haben, die sich jetzt wieder mit Dir vernetzen und sich bedanken, dass sie ohne uns niemals ein Haus gebaut hätten und ähnliche Erlebnisse … da gibt es eigentlich jeden Tag schöne Erfahrungen! Man sagt zwar, diese „Freundschaften“ seien oberflächlich, aber man hat durch das Social Network die Möglichkeit, mit Menschen erneut in Kontakt zu treten, die man aus den Augen verloren hat. Und es gibt auch das eine oder andere Geschäft, das sich so – durch Folgeempfehlungen – ganz plötzlich entwickelt, wo man sagen muss: „Hey, die hätten niemals jemanden empfohlen nach zwölf Jahren, wenn wir nicht wieder in Kontakt gekommen wären.“
Wenn wir noch einen Ausblick wagen, Town & Country „2.1“ – was dürfen wir von Ihnen in Sachen Social Media noch erwarten, welche Ziele haben Sie sich in diesem Bereich gesteckt?
Ganz klar die Weiterentwicklung dessen, was wir jetzt im Netz haben, zu Social Communities. Wir wollen das Miteinander fördern, zum Beispiel Häuser gemeinsam mit Kunden entwickeln, oder unsere Schutzbriefe weiterentwickeln oder Dinge rausnehmen, die für Menschen nicht so wichtig sind. Also tatsächlich mehr Community als Werbung. Was bei uns leider immer noch läuft (übrigens auch bei unseren Franchisepartnern, von denen wir ja 300 in Deutschland haben) ist, dass das Web 2.0 immer noch sehr werblich genutzt wird. Und ich sage zu meinen Teams immer: „Ihr müsst mehr in Kommunikation mit den Regionen, mit den Landkreisen kommen, mehr gemeinsam nach vorne schauen – was haltet Ihr davon, mehr Diskussionen zu allen möglichen Themen rund ums Bauen und Wohnen anzuregen?“ Ich glaube, dass das die Zukunft sein wird und dass wir den Menschen auch rund ums Bauen, Wohnen und Familie noch viel, viel mehr bieten müssen, ohne dass das Geldverdienen im Vordergrund steht. Die Town & Country Kunden oder Interessenten sollten wirklich auf einer Plattform gemeinsam über ihre Wünsche reden können, über die Dinge, die sie gerne hätten oder eben nicht und dass man das auch einfach akzeptiert.
Das heißt, Sie sprechen einfach von „Mehrwerten“, auch wenn sie dadurch erstmal keinen Euro Umsatz in der Kasse haben?
Genau das ist es! Das ist jetzt im Moment sehr wichtig, was wir angehen, wo wir wirklich tagaus, tagein dran arbeiten – nächste Woche haben wir dazu noch einen zweitägigen Workshop zu diesem Thema, wo wir einfach sagen: Wir müssen noch besser werden.
Wo das herkommt? Ich war ja Harvard Business-Preisträger vor zwei Jahren, „Unternehmer des Jahres“ in der Kategorie „Franchise“ und habe einen Preis erhalten, durfte zur Harvard Business School und habe dort eine Woche lang einen Lehrgang besucht. Da ist mir bewusst geworden, dass die Amerikaner auf diesem Gebiet schon zwei Jahre weiter sind. Was wir im Moment tun, läuft in Amerika schon lange nicht mehr! Denn dort haben diese Communities tatsächlich eine ganz andere Bedeutung bekommen. Und was in Amerika lief, ist sicher in zwei bis drei Jahren auch bei uns absolut üblich. Da haben wir tatsächlich große Sorgen, wenn wir den Anschluss verpassen, dass es unter Umständen auch fürs Geschäft sehr negativ sein kann. Und ich glaube, die meisten Unternehmen in Deutschland haben das noch gar nicht kapiert, was hinter „Social Communities“ eigentlich genau steckt. Dass es noch viel akuter wird, dass Menschen über eine Marke reden. Und dass es diese zwei Markenwelten heute schon gibt – Du hast eine Marke in Deinem Hochglanzprospekt und in Deiner Vision und Mission, aber unterm Strich reden die Leute ganz anders über Dich!
Wenn Sie „Erfahrungen Town & Country“ in die Suchmaschine eingeben, dann ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt. Da gibt’s bei den 2.500 Bauvorhaben jedes Jahr eben auch einzelne Bauherren, die unglücklich sind. Wo bei der Realisation nicht alles so lief, wie es sollte, wo andere Anforderungen oder andere Vorstellungen vorgeherrscht haben. Da gibt es nur eins – man muss das Ganze einfach viel aktiver angehen und miteinander besprechen und noch viel zielgruppenorientierter verkaufen. Denn wenn jemand unglücklich ist, weil seine Erwartungen nicht erfüllt wurden, teilt er dies heute vielleicht der ganzen Welt mit. Andere Interessenten können nicht immer nachvollziehen, worin die Unzufriedenheit begründet liegt – das kann zu einem schlechten Ruf führen … das meine ich mit Zielgruppenorientierung, weil sonst viel zu viel Negatives hochkochen kann. Verkaufen muss sich ans Web 2.0 anpassen und nicht andersrum!
Schönes Schlusswort, vielen Dank für Ihre Antworten und weiterhin viel Erfolg im Social Web!
Ein schönes Interview! Sehr gut gefällt mir der Blick über den großen Teich. Damit wird einmal mehr klar: Social Media sind/werden immer mehr Teil unseres Alltags. Wer das nicht erkennt, verschenkt viele Chancen.
Social Media ist so wie wir Menschen sind, wir sprechen miteinader, über uns und Andere. Es ist nur ein neues Kommunikationsmittel dass viel mehr leute zur gleichen Zeit verbindet oder wenn man es eben möchte.