Die Online-Enzyklopädie Wikipedia gehört mit über 35 Millionen Artikeln und rund 285 Sprachen zu den weltweit meistbesuchten Webseiten und ist damit eine der wichtigsten Informationsquellen der Welt. Somit ist der Gedanke, sein eigenes Unternehmen mit einem Eintrag auf Wikipedia wiederzufinden, nachvollziehbar. Allerdings ist das gar nicht so einfach und auch nicht für jeden erstrebenswert. Aber warum?
Die Relevanzkriterien von Wikipedia
Zuerst einmal muss man sich klar darüber werden, was Wikipedia eigentlich ist. Wikipedia ist ein Online-Lexikon, ein Nachschlagewerk und kein Personen-, Vereins-, Organisations- oder Unternehmensverzeichnis. Aus diesem Grund, muss ein Unternehmen, die durch Wikipedia vorgegebenen Relevanzkriterien erfüllen, um überhaupt eine Chance auf einen Eintrag zu haben:
- einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro
- mindestens 20 Betriebsstätten
- mindestens 1000 Vollzeitmitarbeiter
- an der deutschen Börse im regulierten Markt gehandelt werden
Dies sind nur ein paar Beispielkriterien. Die vollständige Liste ist im Relevanzregister von Wikipedia zu finden.
Für Verbände, Vereine, Netzwerke oder Bürgerinitiativen, sowie für einzelne Personen, gelten wiederum andere Relevanzkriterien, wie beispielsweise:
- überregionale Bedeutung
- besondere mediale Aufmerksamkeit
- eine besondere Tradition
- eine signifikante Mitgliederzahl
Die oben genannten Kriterien für Firmen sind belegbar. Dennoch gibt es auch Ausnahmekriterien, wie z. B. eine marktbeherrschende Stellung oder eine innovative Vorreiterrolle des Unternehmens. Hier lässt sich sehr häufig darüber streiten, ob das Unternehmen diese wirklich erfüllen oder nicht. Um hier bei Wikipedia zu bestehen, müssen unabhängige Medienberichte, Einträge in anderen Lexika als Beleg angeführt werden. Zusätzlich ist es wichtig, welche Personen in dem jeweiligen Fall über die Gültigkeit der Relevanz entscheiden. Mal wird ein Eintrag zugelassen, mal wird er abgelehnt – auch wenn die Vorraussetzungen recht ähnlich waren, gibt es immer wieder unterschiedliche Verhandlungsausgänge.
Wikipedia ist kein Werbeportal
Ein Eintrag auf Wikipedia sollte auf keinen Fall als Marketinginstrument gesehen werden. Schließlich werden hier keine Produkte vermarktet. Viele Marketingverantwortliche lassen sich von einem Experten einen Wikipedia-Eintrag schreiben, der ihr Unternehmen in ein möglichst gutes Licht rückt und gleichzeitig die Werbetrommel für sie rührt. Die Online-Enzyklopädie ist aber kein Werbe- oder PR-Portal! Hier geht es rein um die Geschichte und die Fakten des Unternehmens. Dazu gehören auch negative Ereignisse und so kann es schnell passieren, dass die nackten Tatsachen das Unternehmen anders darstellen als erhofft. Zudem muss offengelegt werden, wenn ein Artikel im Auftrag verfasst wurde. Verboten ist das Schreiben nach Auftrag allerdings nicht, solange man sich an die global rechtlich geltenden Regeln hält. Regelbrüche und verdeckte PR haben rechtliche Folgen haben. Die Strafen können sich auf bis zu 200.000 Euro belaufen. Zudem kann es einen erheblichen Imageschaden nach sich ziehen.
Aber wie kann man all das umgehen? Der gewissenhafte Weg führt über die Diskussion. Man sollte sich zunächst einen Wikipedia-Account erstellen und diesen verifizieren lassen. Der Relevanzcheck ermöglicht dann das Starten einer Diskussion darüber, ob der Artikel die geforderten Kriterien erfüllt oder nicht. Dazu können Argumente, die für die Veröffentlichung Eintrags sprechen, mit unabhängigen Quellen belegt werden. Danach darf allerdings nur noch ein ausbaufähiger Artikel über das eigene Unternehmen verfasst werden, der durch die Wikipedia-Community ergänzt und erweitert werden kann. Wer sich an diese Vorgaben und Struktur hält, sollte vor bösen Überraschungen weitestgehend geschützt sein.
Fazit
Wenn Sie als Unternehmen, Verein oder Einzelperson wirklich einen Eintrag in Wikipedia möchten, den Relevanzkriterien entsprechen, sollten Sie sich offen der Diskussion stellen. Sie sollten sich den Ihrem Vorhaben immer im Klaren darüber sein, dass Wikipedia keine kostengünstige Werbefläche ist, sondern eine Online-Enzyklopädie. Durch einen Wikipedia-Eintrag wird die Historie Ihres Unternehmens mit all seinen guten, aber eben auch seinen schlechten Phasen für jedermann und zu jeder Zeit zugänglich. Wenn Sie sich all dieser Dinge bewusst sind und bereit sind, sich dem Ganzen zu stellen, sollten Sie ruhig den Versuch wagen und sich um einen Eintrag im umfangreichsten Lexikon der Welt bemühen.