Viele Unternehmen haben ihn als strategisches Wettbewerbselement erkannt, in amerikanischen Regierungskreisen setzt man auf seine enormen Rationalisierungseffekte für die öffentliche Verwaltung, und in Kreisen der Europäischen Union wurde ihm im Hinblick auf die Informationsgesellschaft ein hoher Rang zugebilligt: dem elektronischen Datenaustausch (Electronic Data Interchange / EDI) wird ein gigantisches Wachstum prognostiziert. Allerdings ist der Durchbruch noch nicht gelungen. Verantwortlich dafür sind vor allem die Inkompatibilitäten und die weitverbreitete Unkenntnis über EDI. Mit entsprechenden Initiativen der EU und deutschen Institutionen sollen diese Hürden jetzt zügig beiseite geschafft werden.
EDI bezeichnet den elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten wie Texten, Abbildungen und Grafiken unter Verwendung strukturierter, standardisierter Formate. In der Regel handelt es sich um Dokumente mit immer wiederkehrenden Inhalten (Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Angebote, Lieferscheine, Zollerklärungen oder Rechnungen).
EDI kommt nicht ohne Standards für die Struktur und Syntax elektronisch auszutauschender Nachrichten aus. In der Vergangenheit wurden vielfach proprietäre Systeme entwickelt; die verschiedenen Branchen der Wirtschaft und auch der öffentlichen Verwaltung haben unabhängig voneinander ihre Standards vereinbart. Mittlerweile besteht die Sorge, dass die vielfältigen nationalen und internationalen EDI-Initiativen auseinanderdriften. Vor allem die EU Kommisssion befürchtet, dass die verschiedenen inkompatiblen Systeme zu einem Hemmnis für die Entwicklung inm Binnenmarkt werden könnten.
Dass EDI trotz der vielfältigen Angebote im Vergleich zu konventionellen Kommunikationsformen (Brief, Telefax) noch wenig genutzt wird, liegt sicher auch an dem weithin verbreiteten Informationsdefizit. Möglicherweise liegt das daran, dass die EDI-Anbieter (System-Integratoren, Geräte- und Programmanbieter, Berater und beratende Institutionen, etwa EU, BDI, DIHT oder IHK) die vorhandenen EDI-Angebote und deren Nutzen für den Anwender nicht deutlich genug gemacht haben. Darüber hinaus versäumen viele Unternehmen, die sich einmal für die Einführung von EDI entschieden haben, ihren Lieferanten und Kunden den strategischen Nutzen von EDI transparent zu machen und Hilfestellung bei der Realisierung anzubieten. Statt dessen versuchen sie ihre Partner in den EDI-Verbund zu zwingen, was natürlich nicht unbedingt auf Akzeptanz stösst.
Der Vergleich mit der zunächst schleppenden, aschliesslich aber raschen Verbreitung von Telefax lässt die Vermutung zu, dass die bisher geringe Verbreitung von EDI ein Hindernis in sich darstellt: Solange Lieferanten und Kunden noch nicht über EDI erreichbar sind, besteht kein Anreiz zur Implementierung von EDI. Die kritische Masse ist noch nicht erreicht. In vielen Fällen scheitert die Einführung ganz einfach an organisatorischen Problemen. Ausgeprägter Arbeitsteiligkeit und die vielfach fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen, sowie IT-, Telekommunikations- und Organisationsabteilungen machen die Sache nicht einfacher. Unsicherheit besteht in der heiklen Frage, welche organisatorischen Veränderungen mit EDI verbunden und wie diese zu bewerkstelligen sind. So müssen zum Beispiel Lösungen gefunden werden, wie die Mitarbeiter, die durch den Einsatz von EDI eingespart werden, anderweitig eingesetzt werden können.
Immer wieder zeigt sich, dass das Festhalten an bisherigen Gewohnheiten und Arbeitsweisen einer umfassenden Innovation im Wege steht. Der überwiegende Teil der unternehmensübergreifenden Kommunikation findet nach wie vor bei persönlichen Treffen, am Telefon, per Telefax oder mit der Briefpost statt. Angebot, Aufträge, Rechnungen und andere Geschäftsdokumente werden gegenwärtig noch zum grössten Teil per Brief oder Telefax versandt. Insofern behindert die papiergebundene Kommunikation eine schnelle und fehlerfreie Abwicklung von Geschäftsaktivitäten, verursacht Medienbrüche und hohe Personal-, Material-, sowie Verwaltungskosten durch wiederholte manuelle Ein- und Ausgabe.
Die vielfach noch angeführten sicherheitstechnischen und rechtlichen Probleme sind eigentlich kein Thema mehr. Sicherheitstechnische Elemente sind heute in ausreichendem Masse zu akzeptablen Preisen auf dem Markt verfügbar. Im Zusammenhang mit der rechtlichen Situation ist es gelungen, die bislang verbreitete Rechtsunsicherheit weitgehend zu beseitigen. Es wurden beispielsweise EDI-Mustervereinbarungen beschlossen, die sowohl der Vereinheitlichung dienen als auch über vertragliche Regelungen zu mehr Rechtssicherheit führen. Sie verpflichtet die Beteiligten zur Einhaltung von Übertragungsstandards und Anerkennung der Verbindlichkeit elektronischer Willenserklärungen.