Pop-Musik im Spannungsfeld von Social Media
Wo um die Jahrtausendwende noch TV und Hörfunksender den größten Anteil an Werbung für die Musikbranche einnahm, so sind es heute die sozialen Medien im Netz wie Facebook, Twitter, YouTube, Spotify und Co. auf die sich das Werbebudget verteilt. Musikportale, soziale Netzwerke und Medienkanäle im Internet entscheiden über „neue“ Stars und Sternchen am Musikhimmel. Die populäre Musik profitiert von neuen Strukturen im Musikgeschäft und sich verändernden Rahmenbedingungen im Netz.
Stars und Sternchen am Musikhimmel
Heute entscheiden die Klickraten bei YouTube, ob ein Künstler für die Masse tauglich ist oder nicht. Bestes Beispiel ist das des Popjungmillionärs Justin Biber. Seine Mutter nahm die ersten Auftritte auf Video auf und stellte diese später auf YouTube online, um Verwandten die Möglichkeit zu geben, die Auftritte ebenfalls zu sehen. Weitere Auftritte folgten in YouTube. Es kam zur ersten „Fanbase“ im Netz. Mit mehr als 38 Millionen Followern via Twitter ist er einer der populärsten Künstler im Netz. Mittlerweile nutzen mehr und mehr Künstler das Netz, um auf sich aufmerksam zu machen. Bestes Beispiel hierfür ist das aktuelle Stück vom südkoreanischen Rappers Psy. Mit seinem Pop-Song Gangnam Style schafft er es auf eine Milliarde Abrufe in YouTube und ist somit das meistgesehene Video in der Geschichte der Plattform.
Neue Rahmenbedingungen im Netz
Etablierte, aber auch junge Künstler werden heute durch die Fans und Follower im Netz performt. Erwartet wird, dass ein Künstler mit seinem Profil im Netz ist. Künstler können sich heute selbst im Netz inszenieren, auch unabhängig der großen Major Labels. Sie werden zu Beeinflussern ihrer Fans und ihrer Musik, erschaffen sich über die neuen Medien selbst. Sie vertreten sich öffentlich, nehmen Stellung zu z.B. politischen Themen und positionieren sich im Netz.
Social Media Cross-Channel-Produktion
Durch die enge Verzahnung der Musikbranche mit Fernsehsendern und der Etablierung von Musik-Castingsshows, auch in Deutschland, wird die Promotion von Popstars in das Internet und in das mobile Netz übertragen. Fernsehsendungen werden interaktiv, der Zuschauer kann über das Netz wie Facebook und Twitter die Sendungen kommentieren und seine Meinung äußern. Bestes Beispiel für eine gelungene Cross-Channel-Produktion ist die Sendung „The Voice of Germany“ www.the-voice-of-germany.de . Mit einer eigenen Facebook-Seite von mehr als 700 Tsd. Fans und einer kontinuierlichen Kommunikation über Facebook, Twitter und YouTube werden die Fans unabhängig der Show im Dialog gehalten. Auch die beteiligten Juroren der Show, selbst Künstler, haben von der sozialen medialen Aktivität im Fernsehen sowie im Netz profitiert und auf ihren eigenen Seiten mehr Fans zur besten Laufzeit der Sendung regeneriert. Fans oder Follower sind eine stille Reserve im Netz, die jederzeit abgerufen werden können. Ein Vorteil für populäre TV-Formate, gerade im hart umkämpften Markt der Reality- und Castingshows im deutschen Fernsehen.
Weg vom alten Denken hin zu neuen digitalen Strukturen
Die Musikbranche hat sich verändert und alte Strukturen brechen auf. Die Digitalisierung von Musik hat zu einem einbrechen der CD-Verkäufe geführt. Illegale Musikdownloads verschärften das Geschäft. Heute gibt es itunes und spotify, um nur zwei Majors zu nennen, die Musikflats im Stream oder zum Download anbieten. Musik wird direkt am Smartphone oder am PC gehört, bestenfalls das Musikstück als MP3 zum Kauf herunter geladen. Immer mehr Künstler gehen auf Tour, sind länger und mit einem immer höheren Aufwand im Bereich der Bühnenschows, Veranstaltungstechnik unterwegs. Konzerte werden immer mehr zum Erlebnis. Die Schere, wer sich Konzerte noch leisten kann und wer nicht, wird immer größer. Musik-Veranstaltungen jeglicher Art werden zum Luxusgut. Unterstrichen wird das „Mit-dabei-gewesen-sein“ im Netz durch die zahlreichen Videomitschnitte von Besuchern auf Live-Konzerten und dem hochladen auf YouTube. Heutzutage wird via Smartphone alles konserviert, mitgeschnitten und für die Nachwelt dokumentiert sowie digital konsumiert, egal in welcher Qualität.
Nischen finden – regionale Musikszenen entwickeln
Nicht nur die Stars und Sternchen profitieren vom Netz. Auch der Anbieter Gigly bringt auf seiner Plattform einen Fokus auf die lokale Musikszene mit kleinen Konzerten mit deutlich weniger als 300 Besuchern. Lebhafte Musikszenen finden sich auf der Seite im Jazz, Rock, Pop und die Klassik wieder und verfügen auch über entsprechende lokale Konzertszenen. Die mit Abstand meisten Konzerte sind in den gängigen online Konzertkalendern zum Teil nicht auffindbar, daher greift Gigly diese Nische auf. Zudem hat Gigly es sich zur Aufgabe gemacht, den über 10.000 Profi-Musikern, den unzähligen Veranstaltern, Spielstättenbetreiber und knapp 500.000 ambitionierten „Laien-Musikern“ in Deutschland eine Plattform zu bieten. Abzuwarten ist, ob die Attraktivität in dem Segment erhalten bleibt und welche Rolle das Social Media Marketing bei lokalen Künstlern spielt.
Regionale Konzerte und Veranstaltungen auf https://gigly.de/
Musik-Streaming als Social Media Marketing Instrument
„Der Trend geht auch in der Musik immer stärker weg vom Besitz von CDs oder Dateien und hin zur reinen Nutzung. Streaming stellt für Musikliebhaber ein attraktives Angebot dar, bei dem außerdem keine urheberrechtlichen Probleme auftreten“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. Mehr als 12 Millionen Bundesbürger nutzen Rdio, Simfy, Spotify & Co. Dabei greifen rund 4,5 Millionen Deutsche mehrfach pro Woche auf die Portale zu. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbandes BITKOM. Befragt wurden 2.000 Internetnutzer im Alter zwischen 15 und 64 Jahren in Deutschland. Internetradios oder Video-Plattformen wurden in dieser Umfrage auf www.bitkom.org/de/presse/8477_72756.aspx nicht als Streaming-Anbieter verstanden. Heute können Musikkünstler die digitale Distribution ihrer Musik selbst organisieren und über Content Aggregatoren, die den Zugang zu den Download- und Streamingportalen gewährleisten, ihre Musik einem breiten Publikum zur Verfügung stellen. Sie können auch die Werbe- und PR-Arbeit von professionellen Agenturen erledigen lassen und dabei gleich auch das virale Marketing über Blogs und Social Media Plattformen (Facebook, Google+, YouTube) mitgestalten. Alles ist heute in der digitalen Gesellschaft möglich.
Neues aus der App-Welt
Ein altbekanntes Phänomen, es läuft gute Musik, aber der passende Interpret will einem partout nicht einfallen. Das Problem löst die Musikerkennungs-App Shazam. Der Nutzer erhält Informationen über die App zum gesuchten Audio-Ausschnitt. In diesem Fall erkennt die App auch die Werbung für den Toyota Yaris und präsentiert dem Nutzer alle relevanten, mobilverfügbare Informationen über den Audio-Track. Die Agentur Newcast hat einen Toyota-Spot mit der App „Shazam“ verbunden. Damit wurde zum ersten Mal in Deutschland eine Musikerkennungs-App dazu genutzt, zusätzliche Informationen aus einem TV-Spot zu bekommen.
TV-Video Spot Toyota
www.YouTube.com/watch?v=lrM8Ujxmtuo&feature=player_embedded
Shazam-App
www.shazam.com/music/web/home.html
Ein Ausflug in die Zukunft – Die Welt mit anderen Augen sehen
„Augmented-Reality-Brillen (z.B. Google Glass) sind dämliches Spielzeug für Computernerds, untauglich für den Massenmarkt“ laut Farhad Manjoo. Farhad Manjoo ist Kolumnist des Online-Magazins Slate und schreibt u.a. für Fast Company und die New York Times. Ein Besuch bei Google-Forscher Thad Starner hat ihn bekehrt. Im Interview sagt Starner, nachzulesen auf www.heise.de/tr/artikel/Schoene-Aussichten-dank-Google-1630060.html : „Einer der Hauptpunkte unserer Arbeit ist, mobile Systeme zu entwickeln, mit denen man der realen Welt mehr Aufmerksamkeit schenken kann, anstatt von ihr abgelenkt zu werden“ Ein interessanter Ansatz. Auch in der Nutzung von neuen Angeboten, wie ein Musikstück in einer Kneipe zu erkennen, Gesichter zu scannen und eine SMS via Augenschlag abrufen und zu lesen.
„Schöne, bunte neue digitale Welt“? oder „Big brother is watching you?“ nach Goerge Orwells Horrorszenario eines Überwachungsstaates. Müssen wir zukünftig hinter jeder Brille einen Spion befürchten? Hier stellt sich die Frage nach Sinn oder Unsinn neuer Technologien, auch im Umgang mit unserer eigenen Privatsphäre und der dritter. Erste Diskussionen zum Datenschutz und zur Privatsphäre rund um die „Google Brille“ finden schon im Netz statt.
Die Musikbranche bewegt sich im Spannungsfeld von sozialen Medien, mobilen Anwendungen und sozialen Netzwerken. Stars und Sternchen werden weiterhin im Netz promotet und profitieren von ihren Fans, Followern und Social Nerds. Es entstehen neue Möglichkeiten, um sich selbst als Künstler im Netz darzustellen und die Viralität in der Nische zu nutzen. Musik-Streaming in TV Spots wird sich als Social Media Marketing Instrument weiterentwickeln, um Werbe-Botschaften einer neuen Zielgruppe zugänglich zu machen. Musik verbindet und ist immer bei uns, in all seinen Facetten und auf allen Kanälen.
Thank your for the music … 😉
www.youtube.com/watch?NR=1&v=4lrqs_ViPS8&feature=endscreen
Die bei Gigly haben Paderborn vergessen :-(.