Die Ice Bucket Challenge verfolge ich schon eine ganze Weile; bis heute hat es gedauert, bis mich jemand selbst für die Teilnahme nominiert hat. Ich habe mir schon in der vergangenen Woche überlegt, was ich in diesem Falle wohl zu tun gedenke, denn das ist irgendwie gar nicht so leicht:
„Anstatt sich eimerweise kaltes Wasser über die Rübe zu schütten, könntet ‚Ihr‘ (wer ist Ihr?) lieber für Menschen spenden, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.“
Wer – wie ich – einen Pool im Garten stehen hat, nach einem ausgiebigen Spaziergang mit Hund durch das Hiller Moor die müden Knochen in der Badewanne ausstreckt, sollte sich dieser Argumentation gegenüber ein dickes Fell zulegen. Gleiches gilt für das reichhaltige Angebot beim Sonntagsbrunch im Landgasthaus Niemeier in Rothenuffeln, beim Gedanken an diejenigen, die nicht mal eine Schale Reis zu essen haben.
Aufmerksamkeit für eine gute Sache bedeutet nicht, jegliche Not und jedes Elend auf der Welt zu stoppen.
„Wer sich einen Eimer kaltes Wasser über die Rübe schüttet, möchte sich nur selbst medial inszenieren.“
Mag sein, dass es einzelne Teilnehmer gibt, die sich ohne Sinn und Verstand an der Aktion beteiligen und einfach nur einen großen Spaß darin sehen, sich eisgekühltes Wasser über die Rübe zu schütten. Oder die als Trittbrettfahrer auf etwas mehr Reichweite hoffen. So what?
Aufmerksamkeit für eine gute Sache bedeutet, dass sich extrem viele daran beteiligen … auch die … äh … Dummen …jenigen, die den Sinn dahinter vielleicht noch nicht verstanden haben.
„Bei Spenden geht nur ein klitzekleiner Bruchteil wirklich an die Bedürftigen, fast alles versickert und verschwindet irgendwo wegen der Verwaltung.“
Wer annimmt, dass es keinerlei Verwaltungskosten, Bankgebühren oder organisatorische Aufwände gibt, um ein Maßnahme zu finanzieren, der hat noch nie ein solches Projekt durchgeführt oder begleitet. Natürlich gibt es eine Quote an Verwaltungskosten und das ist auch gut so! Nur mit einer geschickten Verteilung des Geldes lässt sich effektiv arbeiten. Wir brauchen Menschen, die in der Lage sind, die Mittel optimal einzusetzen, und auch die müssen bezahlt werden. Seriöse Organisationen lassen sich z.B. mit dem DZI-Spendensiegel zertifizieren, um einen transparenten und sparsamen Umgang mit Spendengeldern zu dokumentieren.
Aufmerksamkeit für eine gute Sache bedeutet, dass auch Gelder zur Verfügung stehen, um weitere Finanzmittel effektiv zu verwenden.
„Die Spielregeln sind exakt festgelegt: Entweder Du schüttest Dir einen Pott Eiswasser über die Rübe oder Du spendest, und zwar genau 100 $ (Euro?) an die und die Organisation.“
Viele haben in ihrem kurzen Videos darauf hingewiesen, dass sie sich von der Spende nicht „freikaufen“, sondern trotzdem für ALS-Kranke spenden werden, das finde ich großartig! Völlig unerheblich ist für mich jedoch, welcher Betrag gespendet wird (jeder Euro / Dollar zählt) und ob die Spende bei der einen oder anderen Organisation landet. Ich finde: Selbst eine Spende an eine andere Organisation (Trinkwasser, Tierheim, Krebshilfe, Flüchtlingshilfe usw.) ist genau an der richtigen Stelle, solange sie von Herzen kommt.
Aufmerksamkeit für eine gute Sache führt manchmal zu mehr Aufmerksamkeit für andere gute Sachen.
„Ich spende gerne, aber ich mache das grundsätzlich nicht öffentlicht. (‚Wenn du jemandem hilfst, dann soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.‘ Matthäus 6, 3)“
Dem stimme ich grundsätzlich zu und respektiere eine solche Entscheidung; ich spende immer mal wieder etwas an die verschiedensten Organisationen, kirchlich und/oder sozial. Auch meine Spendenhöhe für ALS-Kranke hänge ich nicht an die Glocke; jedoch finde ich es überhaupt nicht verwerflich, im Rahmen einer solchen Aktion das klare Bekenntnis zu einer (gemachten / noch zu tätigenden) Spende auszusprechen. Schließlich geht es bei der Ice Bucket Challenge vor allem um dringend benötigte Finanzmittel, damit mehr Forschung, bessere Behandlung und mehr Hilfe für die Betroffenen möglich ist. Ein Kübel Eiswasser hilft nur bedingt.
Aufmerksamkeit für eine gute Sache führt dazu, dass sich andere tatsächlich (!) anschließen und nicht nur zugucken.
Ich finde, die positiven Argumente überwiegen, deshalb habe auch ich mich an der Aktion beteiligt. Es macht einfach Sinn, sich für etwas Gutes einzusetzen — und sei es „nur“ mit einer Spende. Ich hoffe, dass auch dieser Beitrag volle Aufmerksamkeit für den Spendenzweck schafft, sich vielleicht trotz ungerechtfertigter Kritik einen Ruck zu geben:
„Um die Hilfe für ALS-kranke Menschen schnell und unbürokratisch zu verbessern, gehen alle Spendengelder ohne Abzug für irgendwelchen Verwaltungsaufwand direkt auf das eigens für die ALS-Hilfe eingerichtete Konto der Berliner Charité.“
Hier Infos zur Überweisung: http://www.als-hilfe.org/spenden.html
Zum Hintergrund gibt es hier oder auch hier noch weitere Informationen; ebenfalls ist http://www.alsa.org/fight-als/ice-bucket-challenge.html eine geeignete Adresse zur Information. Mitmachen, Freunde!
Hi Thomas,
ich gebe Dir in allen Punkten, die Du da oben aufgelistet hast, recht. Denn Aufmerksamkeit ist zweifelsohne wichtig, um ansonsten eher im Hintergrund der medialen Aufregung stehende Themen in den Fokus zu rücken. Wahrscheinlich ist es in der heutigen Zeit auch gar nicht mehr anders als so möglich, ein Thema derart zu positionieren, zumal, wenn es dafür keinen Werbeetat gibt.
Ich würde der #icebucketchallenge noch viel positiver gegenüber stehen, wenn ich nicht schon seit kleinauf diese Abneigung gegen Kettenbriefe hätte. Denn nichts weiter als das ist es ja im Endeffekt. Aber noch einmal: Hier erkenne ich durchaus noch den Sinn der Sache und würde mich dagegen auch nicht wehren.
Neulich wollte mich jemand mit einer anderen Art von Herausforderung konfrontieren, der #coldwaterchallenge. Derjenige konnte gar nicht verstehen, dass ich dem Mainstream hier nicht folgen wollte. Aber bei dieser Challenge hat sich die Selbstinszenierung inzwischen so weit vom eigentlichen Zweck entfernt, dass es sich nu um zeitstehlenden Nonsens handelt.
Beste Grüße,
Derek