für Sie gelesen: Wandel der Arbeitswelt ist kein Neuland
Fangen wir an. Gestern. Die Autoren schöpfen aus einem umfangreichen Fundus eigener, praktischer Erfahrungen. Sie haben ihr Buch „Erfolgsfaktor Mitarbeiterintelligenz“ für alle Manager geschrieben, die sich nach dem Scheitern erster Changeprojekte so verhalten wie jener Autofahrer, der seinen Schlüssel in einer dunklen Strasse verloren hat, ihn aber in der benachbarten Strasse sucht, weil dort die Strassenbeleuchtung besser ist – mit anderen Worten: die die Ursache für ihr Scheitern bei den Mitarbeitern suchen. Dann doch lieber ein Kleber, der nicht klebt! Und es ist für die Führungskräfte geschrieben, die auf die Frage, wie hoch die Fluktuationsrate ihrer Abteilung ist und was ihre fehlende Sozialkompetenz kostet, keine präzise Antwort haben. Die beiden Autoren kritisieren das Parkinsonsche Gesetz, wonach jede geistige Arbeit so lange dauert, wie man Zeit dafür hat. Das Buch bietet schon im Untertitel „die Weisheit des Unternehmens als Führungsstrategie der Zukunft“ an. Ein Bild, das allerdings den Leser auf die falsche Fährte führen kann. Eine Weisheit ist praktisch und gilt generell, aber ändert die Natur der Unternehmensform und den Blick über den Tellerrand nicht grundlegend. Ganz anders sehen es allerdings die Autoren Roland Panter und Gabriele Kottlorz. Ihnen geht es darum, Unternehmen zu revolutionieren. Ihre Grundidee dabei ist die Mitarbeiterintelligenz. Der gesunde Menschenverstand, so die Autoren, der im Grunde die Umkehr der industriellen Revolution ist und der zum Ziel habe, Arbeitsteilung, Betriebsgrössenvorteile und hierarchische Kontrolle zu verwerfen. Daneben, quasi als Gegenpol ihr Konzept der zukunftsorientierter Weiterbildung.
Gut, besser, weiter: aber damit nicht genug, der Gütestempel eines wirklich erfolgreichen Unternehmens sei der Wille, das aufzugeben, was in der Vergangenheit zum Erfolg geführt habe. Es zeige sich, dass althergebrachte, aber falsche Abläufe im Unternehmen, die nur mit neuer Technologie automatisiert worden seien, nur neue Probleme schafften aber die alten nicht lösten. Die unternehmensinterne Bürokratie beispielsweise, die zu einer bestimmten Zeit ihre Berechtigung gehabt hätte, habe heute inzwischen zu einer Entfremdung der Mitarbeiter zum Unternehmensziel geführt. Die eigentlich wirtschaftlichen Antriebskräfte Talent, Qualifikation und Kompetenzgerechtigkeit seien der „Selbstbeschäftigung der Organisation“ zum Opfer gefallen. Gerade grosse Unternehmen sind heute mehr mit internen Aufgaben beschäftigt als mit marktnotwendigen Tätigkeiten. Viele Konferenzen dienten nur persönlichen Machtspielen. Am Ende dieses Weges stünden viele Unternehmen da, wo sie heute sind – mitten in der Krise Digitalisierung. Die Unternehmen sollten vielmehr die grundsätzliche Bereitschaft zeigen, radikal mit den alten Regeln zu brechen und einen Neuanfang zu riskieren, um sich aus der Umklammerung zu lösen. Dabei können die Autoren auch nachweisen, dass die bisher favorisierten Modelle der Kostensenkung den Unternehmen eher schaden als nutzen und fordern statt dessen, mit einem weissen Blatt Papier in der Hand das Unternehmen neu zu erfinden. Welche Werte sollen in unserem Unternehmen gelten? Die Autoren werden an dieser Stelle sehr praktisch und stellen den alten Werten neue gegenüber. Etwa: je mehr ich direkt informiert werden muss, um so wichtiger bin ich für das Unternehmen. Statt dessen sollte es heissen: ich arbeite in einem Team, und nur zusammen können wir Gewinn erwirtschaften. Oder: der Chef bezahlt Gehalt, deshalb gilt es, ihn glücklich zu machen versus die Kunden geben das Geld für die Gehälter, deshalb gilt es sie gut zu bedienen. Anstifter zu Höchstleistungen.
Entscheidungskompetenzen sollen den Mitarbeitern überlassen werden. Der Abbau von Hierachieebenen und die Neufassung der Kommunikationsstrukturen können zwar auch eine Folge des digitalen Wandels sein, steht aber nicht – wie bei anderen Konzepten – im Vordergrund. Die Autoren richten ihren Blick vielmehr auf die Führungsstruktur im Unternehmen. Erfrischend sind besonders die vielen praktischen Beispiele und Interviews der Autoren. So wird Wissen sozial. Mit diesen Informationen hebt sich das Buch von vielen eher unternehmensphilosphischen Betrachtungen ab.
264 Seiten, Midas Management Verlag, Zürich
Roland Panter, Gabriele Kottlorz
Erfolgsfaktor Mitarbeiterintelligenz, 35 Euro