Patrick Breitenbach hat aktuell auf die Gedanken von Sascha Lobo zu einer Blogparade aufgerufen. Eine Blogparade bezeichnet die Sammlung von Blogbeiträgen und verschiedenen Sichtweisen, die später zusammengefasst und in diesem Fall als re:publica Session eingereicht werden sollen. Es geht um deutsche Zukunfsangst und Überwachungsbedrohung statt der freien, naiven, Menschendienlichen und unbekümmerten Nutzung von Web, Cloud und Smartphone.
Eigentlich wollte ich meinen Blogbeitrag „30 Jahre EDV und kein Fortschritt“ nennen, habe aber nachfolgend 4 Aspekte herausgearbeitet, um aus Lebenserfahrung einen visionären Blick in die schnelllebigen Zukunft zu wagen.
Hardware teurer als Software
In Zeiten als IT noch EDV-Orga und deren Mitarbeiter sich in Organisations-Programmierer und Systembetreuer gliederten, war Speicherplatz teuer, Datex-P Flatrates undenkbar und die Hardware traditionell aufgeteilt war in: Sinclair und Commodore = Konsument; IBM = Mittelstand; Cray = Simulation (Wetter, Ökonomie); CTM = Automaten (Fahrkarten). Weit vor Windows gab es GEM und später OS/2 als grafische Oberflächen und der erste Büro-Mac nannte sich Lisa mit Visicalc als Rechenblatt. Es war die Blütezeit der IBM/36 später AS/400, dem ersten 128-Bit Betriebssystem mit integrierter DB2 Datenbank und der IBM Büro-Arbeitsplatz mit WordPerfect und Nadeldrucker kostete rund 13.000 Euro mit Grün-Monitor (Herkules Grafikkarte). Der Begriff Green Screen stammt aus dieser Zeit, als IBM die 5250-Emulation und allgemein gültige SNA-Menüstruktur einführte. EDV wurde am Standort und zentral vorgehalten. Man fragte den Hardware-Anbieter, welche Software er anbietet. Updates gab es Quartalsweise und neue Programme kamen zu 100% beim Anwender an. Heutige Sicherheits-Update-Orgien ohne Benutzer-Mehrwert aber mit großem Aufwand kannte niemand. Fazit: Sicherheit bedeutet vormals, jede Unternehmung ihren eigenen Host und Rechenzentrum im Hause, das galt auch bis 2001 für die NSA/Echolon. Heute ist Software der entscheidende Produktions-Faktor, diese stammt mehrheitlich von US-Firmen und kann remote beeinflusst werden. Ein Sicherheits-politisches Umdenken zurück in Richtung bare metal kann sich der Mittelstand nicht mehr leisten. Außerdem fehlt es an Fachkräften diese Mittlere Datentechnik zu betreuen.
Mit speziellen Branchen-Lösungen wurde beispielsweise Nixdorf bedeutend. Es war die Zeit als Modems eine FTZ-Bundespost Zulassung haben mussten. Die Zeit der deutschen Hersteller Dr. Neuhaus und Elsa, sowie der Ericsson Akustikkoppler mit 1200/75 Baud Splitbetrieb. Es gab eine viel grössere Herstelleranzahl, wie beispielsweise Olivetti, Sperry-Unisys oder DEC mit individuellen Endgeräte-Angeboten. Allein das Hardware-Investment für ein mittelständisches Unternehmen lag initial bei 700.000 Euro. Meist wurde gekauft und nicht geleast, da Hardware gern mal 6 Jahre ohne Änderung genutzt wurde. Vor diesem Hintergrund der Vergänglichkeit der Marken, muss ich bei AOL- oder SAP-Arena immer schmunzeln. Unsere Idole waren Andreas von Bechtolsheim oder Scott McNealy, eventuell auch John Sculley. Und Microsoft, sowie Ashton-Tate kannte jeder, weil er mit seiner Raubkopie Hausarbeiten schrieb.
Mehr Technologie nicht mehr Transparenz
Hardware wurde zu Schüttgut und für viele Anwendungen erschwinglich, so etwa als Kaufhaus-Kamera. Die Misstrauens- und Überwachungs-Spirale Staat-Bürger, Arbeitgeber-Mitarbeiter, Eltern-Kinder nahm ihre Ursprünge in dem technisch Möglichen. Wenn also menschliche Wächter zum Holocaust führten, sind Roboter eventuell besser, da emotionslos? Eine einzigartige Technikgläubigkeit und Aufbruch gab es nicht nur in Science Fiction Romanen. Rettung vor der zunehmenden Komplexität sollten Java und SAP sein.
Die Mediennutzung begann um 18 Uhr mit der Drehscheibe und endete um Mitternacht mit dem TV-Testbild. Der größte Grusel bestand in Aktenzeichen XY und nicht im heutigen Kino- oder PC Spiele-Angebot. Das Internet nannte sich Gopher und hatte noch keine WWW-Oberfläche, man wählte sich via Deutsche Mailbox oder CompuServe in seinen Postkorb ein.
Mehr Vorgaben nicht mehr Demokratie
Eigentlich gibt es mittlerweile keinen Unterschied zwischen Aktiengesellschaften und dem Parlament. Die AG muss Dividende erwirtschaften und Steuern vermeiden. Das Parlament volkswirtschaftlichen Wohlstand bringen und Naturschutz oder Energiewende möglichst hinauszögern, um die Ausgabenseite zu dezimieren (sog. allgemeiner Finanzierungsvorbehalt). Mein Fazit daher: weder Welt-Politik noch Welt-Konzerne sind/haben die digitale Lösung der Zukunft. Wäre es so, bräuchten keine Steuer-CDs angekauft, sondern nur der Swift-Datenverkehr abgehört werden. Kaufmännische Interessen verhindern die Netzneutralität.
Wenn darüber hinaus Lehrer Beamte und dem Vater Staat verbunden sind, sowie Politiker meist Rechtsanwälte und EDV-Laien – so kann doch niemanden der Ruf nach mehr gesetzlichem Rahmen und Einschränkungen im Grundgesetz wundern. Merke: die Handlungen der NSA sind (seit 1968) nicht gesetzlos, allenfalls sind sie – nach unseren Maßstäben – unsittlich. Die Revoluzzer Baby-Boomer-Generation, die früher im Erdkunde-Unterricht die Zustände von Afrika-Diktatoren anprangerten, sind heute selbstzufriedene, arrangierte Bürger geworden, die nun am Ruder sind. Völlig fremd der Nerds und Generation Y mit völligem Wegfall der Privatssphäre und unglaublicher Schnelligkeit in Technologie, Medien und Berufsleben.
Schlagwortartig:
(a) Allgemeiner Waffenbesitz führt nicht zum Verbrechens-Wegfall.
(b) Was kostenlos ist, kostet die Privatssphäre.
(c) Nur Transparenz überwindet Überwachung.
(d) Angst ist nie ein guter EDV-Ratgeber.
(e) DNA-Kenntnis und IT-Forensik braucht keine Vorrats-Datenspeicherung (Big Data).
(f) Technik muss Alltags-Tauglich sein (Signatur).
Manchmal glaube ich, dass Datenschutz so individuell wie unser Umgang mit dem Tod ist. Es gibt Beispiele, in denen wird die Trauer in/mit Facebook überwunden. Genauso, wie die deutschen Tugenden, die in anderen Glaubensgemeinschaften als Doktrin verkauft werden.
Mit diesen traditionellen Ansätzen stehen wir uns beim „Internet der Dinge“, „Industrie4.0“ und „vertrauensvoller Kommunikation“ selbst im Weg.
Persönliche Digitalisierungs-Versprechen
Wenn PC den persönlichen Computer assoziiert, so ist die Hausautomatisierung die Verkettung von Maschinen, jeweils zum Wohle der Menschen.
Der #Neuland Begriff ist für mich verbunden mit:
(1) keine Software-Patente, Quellcode-offenes Open Source
(2) jedermann lernt programmieren
(3) Maschinen dienen dem Menschen, nicht umgekehrt
(4) es gibt keine zertifizierte Anwendung
(5) Wegfall von Versicherungsschutz bei Update-Verschleppung
Denn: wer mit IT zu tun hat, ist um Datensparsamkeit bemüht.
Nur weil die RFID-Gesundheitskarte möglich ist, ist sie nicht sinnvoll. Gleiches gilt für unseren Reisepass. Nur weil eine DNA-Analyse möglich ist, sollte es nicht Lebensversicherungs-Ausschlusskriterium sein. Wenn jedes Kinderspielzeug Mikrochips enthält, dann sollte dieser später im Modul-Baustein-Handy nutzbar sein. Und noch später zur Ersten-Hilfe-Ortung bei Altersdemenz.
Weit vor der Jahrtausendwende hatte die seinerzeit eigenständige SUN Microsystems mit seinen Sun Ray Clients den Smartcard Ansatz weltweit auf seine Daten als Ergonomie-Kombination aus front- und backend Anwendungen zugreifen zu können. Losgelöst vom Betriebssystem, schon damals auch Gesten- und Sprachgesteuert. Der Begriff Cloud war noch nicht geboren.
Lebenslanges Lernen, papierloses Büro oder tatsächlich tragbare Computer, sowie Künstliche Intelligenz sind ohne weltweite Rechnernutzung undenkbar. Der Zwang zur Effizienzsteigerung in Büro und Verwaltung ist aufgrund der Anspruchshaltung nach mehr Freizeit nur noch durch Cloud, SaaS und IaaS zu erreichen.
Skeptisch bin ich bei der Archivierung: allein im persönlichen Bereich mit CD-i, Super8, Film-Negativ oder Dias – nichts wird mehr unterstützt. Gleiches gilt im Geschäftsumfeld: 12 Jahre aufbewahrte Sicherungsbänder lassen sich, wenn überhaupt noch, nur in einer Jahre-zurückliegenden ERP Umgebung einlesen. MUSS man überhaupt alles aufbewahren oder sollte es ein gepflegtes Recht auf Vergessen geben?! Schließlich gibt es zukünftig ja auch keine Oldtimer mehr (30 Jahre alte Hardware).
Zuversichtlich bin ich im Bereich semantische Suche; der assoziativen Ergebnisse, Erkenntnisse, Zusammenhänge aus den vielen Datengräbern. Um IT-begleitete Lösungen für die Mega-Themen Vergreisung und Überbevölkerung zu finden. Unsere Jugend hat es nicht besser, sondern anders. Sie ist längst befähigt, besonders ohne unsere Erwachsenen-Einmischung ihr Leben zu meistern. Statt starrer schulischer/beruflicher Eingrenzungen sind jetzt die Themen Gender und Diversity lösbar!
Ausbilder, Manager und Politiker müssen nicht ihren PC-Führerschein, sondern ihre Web2.0 Lehre bei ihren Kindern machen! Medienkompetenz entsteht hier, denn die Zeiten des unbeobachteten Abi-Streiches sind längst vorbei. Wer aber die Auswirkungen von Sichtbarkeit kennt, nutzt die #Neuland Optionen vertrauensvoll! Ich FREUE mich jeden Tag auf diesen Dialog; die Science Fiction Visionen werden wir noch alle gemeinsam erleben!
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