Eigentlich ist Kommunikation auch nichts anderes, als für eine grosse Schar an Freunden zu kochen. Im Vorfeld grübelt der Gastgeber: was koche ich? Wie viele Gänge sollten es sein? Und dann die Frage aller Fragen: was schmeckt denn allen? Der eine viel Fleisch, aber doch bitte nicht mit Pilzen. Die Nächste schüttelt sich schon bei dem Gedanken an Paprika, und dann kommen noch die ganzen Unverträglichkeiten dazu: keine Laktose, kein Gluten und bitte auch keine Nüsse – die könnten zum Ersticken führen. Also lässt man es am besten? Wohl kaum, denn sonst bleiben Freunde und Geselligkeit auf der Strecke. Gefangen in der eigenen Realität, den eigenen Strukturen, den eigenen Problemen. Das trifft vielfach auch auf Unternehmen zu und ist – nüchtern betrachtet – auch logisch. Der eigene Alltag ist geprägt von der Arbeit in einer bestimmten Struktur. Die ist gewachsen, über Jahre. Oft zufällig, weil ein Kollege eine geniale Idee hatte und diese weiterverfolgt wurde. Oder weil gerade Kapazitäten frei waren. Doch für Kunden, wie Freude sind diese Hintergründe nicht nachvollziehbar. Oder besser: sie sind nicht relevant; sie möchten lieber selbst verstanden werden.
Was ist relevant? Relevanz, die: Wichtigkeit in einem bestimmten Zusammenhang. Das Kriterium Wichtigkeit wird oft vergessen oder netter gesagt: interessant interpretiert. Früher war halt alles besser. Wirklich? Für unterschiedliche Menschen, gerne auch Zielgruppen genannt, sind unterschiedliche Sachen relevant. Was die einen wichtig finden, erscheint anderen unwichtig – damit irrelevant. Früher hatten die Menschen nur weniger Kanäle und damit weniger Auswahl. Und weniger Möglichkeiten herauszufinden, was für sie eigentlich Relevantes in der Welt so passiert. Stichwort drei Fernsehkanäle – was da nicht reinpasste bis 24 Uhr, gab’s halt nicht. Danach kam das Grieselbild. Heute grieselt es nirgendwo mehr. Ist das ein Problem? Nein, das ist eben so. Ein Synonym von Relevanz ist Niveau. Wer bestimmt, was das ist? Der Verfasser? Die Konsumenten? Das Unternehmen? Die Zielgruppe?
Relevant für seine Zielgruppe zu werden bedeutet deshalb auch, Hektikern zu widerstehen. Die Menschen und auch die Unternehmen, die für einen relevant sind, zeichnen sich in der Regel durch eine Art inneren Kompass aus. Sie scheinen zu wissen, wo es langgeht, sie sind offen, neugierig, ändern aber nicht nach jedem noch so kleinen Ausschlag den Kurs – oder ihre Meinung. Das gibt Vertrauen. Was relevant ist, verändert sich wie verrückt. Das gilt nicht nur im Privaten. Die Kunden von heute und die kommenden von morgen eint vielleicht noch die Berufsbezeichnung immer weniger aber die Tätigkeit. Hinter dem Anspruch, etwas Relevantes zu liefern, verbirgt sich eine ständige Suche – und die Herausforderung, nie damit aufzuhören. Tja! Niemand darf glauben, dass das, was er jetzt als relevant identifiziert hat, nachher noch relevant ist. Das galt schon früher, heute erst recht. Es gilt, ständig die eigene Annahme mit der Wirklichkeit der Zielgruppen abzugleichen. Und vor allem die Wirklichkeit gewinnen zu lassen. Das ist rein emotional und unbewusst – und bei allen Menschen funktioniert es gleich, Fakten kommen immer erst an zweiter Stelle. Die richtige Geschichte zu finden und sie den richtigen Leuten auf den richtigen Kanälen zu erzählen ist wunderbar spannend.
Mein lieber Schwan! Wir haben alle erklärungsbedürftige Produkte. Mit tollen Geschichten, die aber viel zu selten erzählt werden. Die Nutzer fühlen sich verstanden und nicht zugetextet mit Heile-Welt-Versprechungen. Das danken sie. Durch Empfehlung, Treue – und am Schluss ist es genau dieser Content, der die Entscheidung ausmacht, ob etwas gekauft oder ein Job angetreten wird. Ohne Umwege oder an andere Gatekeeper relevante Inhalte zu liefern, ist genauso wichtig, wie neue Produkte zu entwickeln. Und das ist die Kunst: wir haben so viele Informationsmöglichkeiten zur Verfügung – Kunden werden nur noch die Informationen nutzen, die für sie wirklich relevant sind. Und den Rest ignorieren. Unsere Aufgabe: finden, entwickeln und veredeln von Inhalten, die interessant sind für den Kunden in genau seiner jetzigen Situation. Und das ist der Unterschied zum Katalog oder zur Werbebroschüre.
„Kauf mich“ ist nicht mehr. Das ist Chance und Problem zugleich. Denn wie schafft ein Unternehmen wirklich relevanten Content, der etwas bewirkt? In dieser Beziehung haben nicht nur Zuschauer ihre Fernbedienung immer besser im Griff: sie reagieren mit Kaufentzug. Hier geht es noch lange nicht um Kanäle – also um Print, Facebook, G+ oder Youtube. Wenn Kunden eingeladen, gehört, informiert, ernst genommen werden wollen, ist die Technik nicht das Entscheidende. Es geht nur um den Inhalt. Dem Sturm ins Auge sehen. Von da an macht sich eine andere Angst breit – aber eine positiv besetzte. Haben wir wirklich genug Produkte auf Lager? Können wir alle Bestellungen bearbeiten? Denn auch hier ist es wie beim Essen. Jeder soll glücklich sein und niemand hungrig nach Hause gehen.
Nicht ohne Grund: Erklärvideos erfreuen sich bei den Nutzern grosser Beliebtheit. Immer nach dem Motto: erklär’s mir – aber so, dass ich es verstehe und Spass dabei habe! Wem das gelingt, der überzeugt seine Zielgruppe und schafft Vertrauen. Aber wie gelingt der Spagat zwischen unterhalten und vermitteln? In Unternehmen jedoch fristet das Instrument oft ein Schattendasein. Wovon sollen wir erzählen? Wir haben gar keine Themen. Und wenn man sich dann doch dazu durchgerungen hat, etwas würdig zu finden: wie fange ich überhaupt an? Und dann ist sie da, die Angst vor dem weissen Blatt – die Schreibblockade. Mit dem Anfang steht man auch schon kurz vor dem Ende. Zielgruppe? Ach Gott: alle! Lieber hinterher mal um Vergebung bitten, als vorher um Erlaubnis fragen! Besser wäre es, Fehler zu eskalieren, damit nach Lösungen gesucht werden kann. Die Frage nach der Schuld verhindert jedoch einen positiven Umgang mit Fehlern. Selbstverständlich sind Entscheidungen oft unangenehm. Jeder in seiner Führungsposition weiss das. Und natürlich müssen sich alle Chefs immer wieder selbst an die Nase fassen. Entscheidungen sind Risiko. Das ist nichts für Angsthasen, die Schwierigkeiten haben, selbst Entscheidungen zu treffen. Obwohl man selbst eigentlich den Titel Geschäftsführung trägt, was nicht von ungefähr „führen“ und damit auch „entscheiden“ beinhaltet. Alles wird in Meetings x-fach besprochen, hin und her gewendet. Unzählige Ideen und Projekte sind so schon einen langsamen Tod gestorben, ambitioniert gestartet, dann in den Mühlen der Entscheidungsverweigerung zermahlen. In der Angst vor Fehlern steckt am Ende immer die Angst vor Entscheidungen. Denn es könnte eine Fehlentscheidung sein. Deshalb werden Leute per CC in Sippenhaft genommen, obwohl nur wenige aktiv in dem Projekt involviert sind. Es gibt auch die Angst davor, dass einem Erdnussbutter am Gaumen kleben bleibt (wissenschaftlich: Archibutyrophobie). Fehler will einfach keiner machen. Angst hat ja irgendwie jeder.
Der Chef in unserem Gehirn kann sich zum Beispiel dafür entscheiden, ein bestimmtes Gesicht in einer Menschenmenge zu suchen. Dann werden in Sekundenbruchteilen Farben, Kanten und Rundungen der wahrgenommenen Gesichter auseinander genommen und mit denen des gesuchten Gesichts abgeglichen. Also entscheiden wir eigentlich nicht: der Grossteil unser Wahrnehmung läuft unterbewusst ab. Wir müssen akzeptieren, dass wir durch viel mehr Reize gesteuert werden, als wir wahrhaben wollen. Die Frage ist immer die gleiche: tue ich etwas oder lasse ich es bleiben. Doch je nach Situation unterscheiden sich unsere Relevanzkriterien erheblich. So liest man die gleiche Zeitung, schaut die gleichen Fernsehsendungen, kauft die gleichen Produkte. Je verfügbarer etwas ist, desto eher entscheiden wir uns dafür. Video müsste man sein. Viele Jüngere geben ihren Suchbegriff erst einmal bei Youtube ein anstatt bei Google. Für Unternehmen bietet das grosse Einsparpotenziale, denn jeder Kunde, der auf diesem Weg Antworten erhält, ruft nicht beim Kundenservice an. Persönlich kann eben auch viral mit schlankeren Prozessen. Schliesslich kommt zu all dem noch ein grosses Reservoir an Instrumenten, die sich um das Rückrat der Medien gruppieren: Nachrichten-Apps und Blogs, fachliche und soziale Events, Digital Signage und so weiter. So kommen die richtigen Inhalte auf den richtigen Weg: das mediale Lagerfeuer mit der Zielgruppe intern wie extern. Ein Kreislauf des Erfolgs. Digitalisierung ändern alles. Grosse Liebe, purer Zufall? Big Data, Big Emotions – am besten, sie würde niemals aufhören. Selbstverständlich bedeutest du mir alles!