Mich interessiert tatsächlich, was in unserem Land mit so viel Technik-Desinteresse als Konsequenz der Überwachungs-Aufdeckung passiert ist: ich befürchte jedoch – gar nichts: weder politisch, noch gesellschaftlich, noch demokratisch oder in Firmen. Allerdings merke ich, dass wir mit Slogans, wie „Vorsprung durch Technik“ und der Realität von Weltraum-Sprüngen, noch nicht einmal mehr ansatzweise etwas zu bieten haben. Wir ruhen uns auf unseren Lorbeeren aus. Hochtrabende Forderungen der Verlage verpuffen. Technologie-Aktivitäten, wie die Satelliten-Ortung kapituliert vor den US-Platzhirschen. Möglicherweise ist der Verbraucher gläsern UND unmündig? Die Blogparade von Roland verspricht Licht ins Dunkel zu bringen….
Umgang mit den neuen Erkenntnissen?
Um die Veränderungen zu begreifen, muss man sie begriffen haben. Ich lerne in Gesprächen mit Grosseltern, dass die technische Überwachung gut sei, um böse Buben zu fangen und sie sich nichts zu Schulden haben kommen lassen. Dass selbst Online-Banking nicht mehr sicher ist, wird nicht angenommen. Und, wenn öffentliche Plätze oder Parkhäuser mit Kameras überwacht werden, gilt dies als notwendig. Ebenso wie fälschungssichere Geldscheine oder RFID im Pass, wie auch in der Gesundheitskarte.
Technik, wie der SOS-Knopf um den Hals dient dem Menschen und Langzeit-EKGs wird der Arzt nie an die Krankenkasse oder Lebensversicherer weitergeben. Das alltägliche Leben geht weiter, die Empörungswogen waren ohnehin nur von der Piratenpartei betrieben worden. Der Hochverräter Snowden kommt ja auch beim Bundespräsidenten schlecht weg!
Was macht es mit Euch?
Genauso, wie man entweder katholisch oder evangelisch sein kann, sind die Meinungsfronten verhärtet. Die Befürworter von Überwachung und Nutzung von Datenbeständen finden sich auf politischer Ebene und Institutionen (Polizei, Finanzverwaltung). Hier zeigen Einzelfälle den Abgrund menschlicher Schwächen und damit die Notwendigkeit von Data Mining und Langzeit-Archivierung. Erfüllungs-Gehilfen sind Provider und Unternehmen (Sanktionslisten).
Unerwünschte Verhaltensweisen, wie Schirmmützen bei Video-Überwachung, wird als unsozial gegeisselt, sofern noch keine Verordnung oder Gesetz hier greift (vermummte Lehrerin).
Die Protagonisten einer Total-Interpretation auch des Berufs- und Privatlebens finden genauso wenig Gehör, wie veröffentliche Kinderfotos im Lebenslauf unauslöschbar sind. Was machbar ist, wird gemacht und als Innovation tituliert.
Verhalten geändert?
Ich habe aktiv Profile in sozialen Medien gelöscht, um wenigstens in Zukunft nicht mehr in Facebook oder Xing auffindbar zu sein. Weil ich daran glaube: was nichts kostet, kostet die Privatssphäre.
Ich bin zunehmend Nachrichten-Konsument und Referent, um eigene Ansichten und Annahmen von Mensch-zu Mensch, ohne Filter, zu diskutieren. Ich gebe freudig Geld für guten Journalismus aus (bspw. Krautreporter). Statt Verarmung an Informationen finde ich mich im Info-Überangebot zurecht. Durch die Schnelligkeit und Verfallbarkeit von Nachrichten fühle ich mich gezwungen Sehschlitze in Form von Filtern zu nutzen. Nur selten habe ich die Möglichkeit der Ortung der Nachrichten-Quelle und der vertiefenden Recherche. Ich muss Dingen und Aussagen vertrauen, um eine Angelegenheit abzuschliessen zu kömnen. Gleichzeitig lebe ich mit Halb-Wahrheiten.
Ausspähung richtig und notwendig?
Klares NEIN, weder richtig noch notwendig, sondern regelt sich selbst. Ich sehe keine Notwendigkeit, neben den Daten beim Einwohner-Meldeamt gleiche Erfassung bei der Rentenkasse oder der Gehaltsüberweisung (ELENA) zu tätigen. Oder bei jeder Geldtransaktion eine Meldung zum Finanzamt oder der Rasterfahndung weiterzugeben. Zumal bereits grenzüberschreitende Vorhanden, ob in Rüstung- oder Polizei-Koordination regelmässig versagen.
Was bringt ein Mehr an Daten, wenn diese ohnehin nicht ausgewertet werden können. Ähnlich dem Nutzen des Gauck-Archivs für die Geschichts-Schreibung, da die Straftaten ohnehin, wie bei den Steuer CDs – meist verjährt sind. Es ist die ewige Frage, ob TV-Sendungen, wie Aktenzeichen XY der Ganoven-Weiterbildung oder der Aufklärung dienen.
Denn: wer mit DV zu tun hat, ist um Datensparsamkeit bemüht.
Umgang der Bundesregierung mit Ausspäh-Affäre?
In den Parteien wird vermehrt Besserungs-PR betrieben, aber lieber mit unsicherer Handytechnik telefoniert. Obwohl Deutschland selbst den G10-Gesetzen zugestimmt hat, wundern wir uns über die erlaubte Überwachung durch unsere Verbündeten?
Gleichzeitig gilt der #Neuland Begriff vorzugsweise für die Bundesregierung, die Rahmenbedingungen setzen könnte, wenn das Verständnis Lobby-frei vorhanden wäre. Eine proprietäre Software ist nicht besser als Open Source: unsere massgebliche Infrastruktur stammt jedoch von US-Unternehmen, was ein Dilemma darstellt. Der Mittelstand wird durch fehlende Breitband- und Duale Ausbildungs-Kapazität gebremst und visionäre Leitbilder werden nicht gefördert.
Im Geburtsland von Zuse, Gauss und Nixdorf kommt der Exzellenz-Förderung eine zentrale Bedeutung zu. Dies gilt aber nicht nur für die vorhandene Technik-, sondern ebenso für die fehlende Technikfolge-Diskussion.
@westerbarkey j@n: Sehr schön gesagt. Besonders Punkt 10 werde ich mir merken und in Zukunft mal wieder umsetzen 🙂