In sozialen Netzwerken vergessen manche Menschen ihre gute Kinderstube. Da fallen Begriffe, die man im direkten persönlichen Gespräch wohl nicht zu hören bekommt. Wenn das aber Konsequenzen hat, ist das Entsetzen oft groß. Unsere Netzwerkpartnerin Christina Hansmeyer (Hansmeyer Consult, Bielefeld) gibt Tipps, was zu beachten ist und wie Sie sich als Opfer im Ernstfall wehren können.
„Du bist ein Klugscheißer, der wohl schlechten Sex gehabt hat. Wahrscheinlich hat dir zudem noch jemand ins Gehirn gesch…“ Können Sie sich vorstellen, dass jemand einem Kollegen oder einer Kollegin solche Unverschämtheiten direkt ins Gesicht sagt? Wohl kaum. Und doch handelt es sich hierbei um Original-Formulierungen aus einem Facebook-Eintrag, die einen Vorgesetzten beschreiben sollten. Der Arbeitgeber hat mit der – natürlich fristlosen – Kündigung des Schreiberlings reagiert, weil er sich eine solche Schilderung schon im Interesse der des Betriebsfriedens nicht gefallen lassen wollte.
Aber auch wenn man einmal von solchen Extremfällen absieht: Was man sonst so in Facebook & Co. ganz alltäglich über Kollegen, Nachbarn usw. zu lesen bekommt, ist oft noch drastisch genug. Unwillkürlich fragt man sich, woher solche Verhaltensweisen kommen. Ein wesentlicher Grund dürfe ein Art „Wohnzimmereffekt“ sein. Man meint, in einem solchen Netzwerk letztlich „unter sich“ zu sein. Denn schließlich spricht man ja nur seine „Freunde“ an.
Zu oft wird dabei leider vergessen, dasss Einträge etwa bei Facebook völlig offen für jeden sind, solange man die entsprechenden Voreinstellungen dieses Systems nicht geändert hat. Und zu wenige denken daran, dass auch eine Eintragung, die tatsächlich nur für die „Freunde“ sichtbar ist, letztlich eben doch eine Art öffentliche Bekanntmachung darstellt, wenn man beispielsweise 110 „Freunde“ hat (so in einem Fall, der real von Gerichten entschieden wurde!).
Zudem verleiten soziale Netzwerke dazu, etwas sofort im ersten Zorn zu schreiben, womöglich noch direkt am Arbeitsplatz, wenn es dort gerade Ärger gab. Das stets verfügbare Smartphone macht es besonders leicht. Und dann schreibt keineswegs nur der Azubi, der gerade wegen eines Fehlers gerüffelt wurde, schnell einmal Sätze wie „Die Bereichsleiterin ist eine frustrierte Zicke.“ Im kleinen Kreis gesagt, gehört sich ein solcher Satz zwar nicht, er ist aber normalerweise auch keine Katastrophe. Anders sieht es aus, wenn er in einem sozialen Netzwerk steht und von Dutzenden von Personen (oder sogar von jedem, der es möchte) gelesen werden kann. Dann hat er oft eine Art Multiplikationseffekt. Denn oft sehen sich andere dazu animiert, solche Äußerungen zu kommentieren, ihnen zuzustimmen oder sie durch weitaus üblere Formulierungen sogar noch zu toppen. Der Weg zu einem regelrechten Mobbing ist dann nicht mehr weit.
Was kann man tun, wenn man selbst das Opfer solcher Äußerungen ist? Natürlich ist es möglich, den Betreffenden, etwa einen Arbeitskollegen, direkt darauf anzusprechen. Das aber will genau überlegt sein. Denn leider hat diese Reaktion manchmal einen unerwarteten Effekt: Der eine oder andere meint, auf die im Netz schon vorhandenen Äußerungen noch eins draufsetzen zu müssen, weil er das Verhalten des Opfers so interpretiert, dass er die erhoffte Demütigung tatsächlich erreicht hat.
Deshalb ist zu empfehlen, bei einem solchen Gespräch immer jemanden dabei zu haben, der einen unterstützt, und ein solches Gespräch auch nur zu führen, wenn man sich ihm gewachsen fühlt. Wenn die Angelegenheit mit dem Arbeitsverhältnis zu tun hat, hilft oft der Betriebsrat weiter. Ansonsten sollte man sich nicht scheuen, Vorgesetzte mit der Sache zu befassen und sie um Unterstützung zu bitten. Eine Abmahnung ist rechtlich ebenso möglich wie eine Kündigung ohne Abmahnung, jedenfalls dann, wenn die Äußerungen in einem sozialen Netzwerk entsprechend drastisch sind.
Falls die Äußerungen nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben, bleibt oft nur der Weg zum Rechtsanwalt. Er kann mehr erreichen, als viele glauben. Äußerungen, die das Persönlichkeitsrecht verletzen, vor allem Beleidigungen, führen zu Unterlassungsansprüchen. Solche Ansprüche lassen sich durchaus rasch durchsetzen, etwa im Wege einer einstweiligen Verfügung, die bei Gericht beantragt wird. Im Extremfall kommt auch ein strafrechtliches Vorgehen in Betracht. Bei dem groben Zitat am Anfang dieses Beitrags wäre es sicher möglich gewesen.
Bei allen Problemen, die hier geschildert wurden, sollte man freilich nicht vergessen: Soziale Netzwerke sind zwar eine gute Möglichkeit, um Kontakte zu halten und sich auszutauschen! Und Rüpeleien sind auch dort die Ausnahme. Damit das aber so bleibt, sollte man darauf bestehen, dass bestimmte Regeln eingehalten werden – und das natürlich aus selbst tun. Deshalb gilt gerade hier: Erst denken, dann schreiben!