75 Prozent der Unternehmen wissen nicht, was und wo ihre Kunden im Web 2.0 über sie reden. Warum? Ganz einfach, weil sie Twitter, Facebook und Co. derzeit noch aus ihrer Kommunikation ausklammern. Nur weil ein Unternehmen die sozialen Medien ignoriert, heißt das noch lange nicht, dass die Social-Media-Gemeinde das Unternehmen ignoriert.
Das Web 2.0 hat heute eine wichtige Bedeutung für Unternehmen, weil es hier möglich ist, mit seinen Kunden, Geschäftspartnern, Mitarbeitern in Spe und anderen in den Dialog zu treten. Also nicht nur, sich wie bisher mit seinen Webseiten zu präsentieren, sondern über Blogs und über die sozialen Netzwerke mit Kunden und anderen Geschäftspartnern in Kontakt zu treten.
Folgende Vorteile sind mit den Werkzeugen, wie Facebook und Twitter, verknüpft: Sie verbreiten Nachrichten und Neuigkeiten rasend schnell, sind einfach zu bedienen und auf der ganzen Welt verfügbar. Ein Beispiel: Der Tod von Michael Jackson wurde bereits über die sozialen Netze verbreitet, als die Nachrichten noch gar nichts gesendet hatten. So kann es natürlich auch passieren, dass Falschnachrichten kursieren.
Viele Unternehmen sagen: „Ich gehe da lieber nicht rein, dann habe ich auch nichts zu befürchten, dass über mich gesprochen wird.“
Die Unsicherheit und Angst kann ich verstehen. Viele Unternehmen denken noch in der Web- 1.0- Schiene. Sie stellen im Internet eine Präsentation zur Verfügung und sehen das als Kontaktpunkt zu potenzieller Kundschaft. Diese könne sich so über das Unternehmen informieren und sich eine Meinung bilden. Das heißt, der Kunde nimmt über das Internet Kontakt für eine Bestellung, Beratung etc. auf oder er tut es eben nicht. Das hat sich mit Web 2.0 gewandelt. Unternehmen können Information im Internet wie gehabt einstellen, aber die potenziellen Kunden können diese Informationen aufnehmen und untereinander in den sozialen Medien kommunizieren und mit den eigenen sozialen Kontakten diskutieren. Dies bekommt das Unternehmen erstmal gar nicht mit. Für einige Unternehmen macht die Erstellung eines so genannten Reputationsberichts als Einstieg in die sozialen Medien Sinn. Dadurch lässt sich herausfinden, welchen Ruf das jeweilige Unternehmen im Internet genießt. Überprüft wird zum einen, was direkt an Infos von dem Unternehmen an die Kunden geht – das nennen wir an dieser Stelle einmal vertikale Kommunikation – zum anderen, was die Kunden untereinander über das Unternehmen sprechen – im Folgenden horizontale Kommunikation. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass jedes Unternehmen zu Beginn eigener Social-Media-Aktivität zumindest einmal hinhört, was im Web bereits über das Unternehmen, die Produkte und ggf. Wettbewerber gesprochen wird.
Der Reputationsbericht ist die Erweiterung des Pressespiegels auf die sozialen Online-Medien.
Auf Basis der Reputationsberichte kann für das Unternehmen eine Strategie entwickelt oder Empfehlungen dazu abgegeben werden, welche Aktionen im Web 2.0 sinnvoll sind. Es wird geprüft, ob sich ein Engagement jetzt lohnt oder ob man warten soll. Ein Beispiel: Einige große Finanzdienstleister sind bereits ziemlich aktiv in den sozialen Medien. Sie schießen aus allen Rohren bei Twitter und Facebook, machen Gewinnspielausschreibungen etc. Das ist aber alles sehr unkoordiniert und führt deshalb zu keinem positiven, nachhaltigen Ergebnis. Weil dahinter keine Strategie steckt.
Es gibt Strategien für kleine und für große Unternehmen.
Hier sind kleine Unternehmen aufgrund ihrer Flexibilität häufig im Vorteil. Sie können bereits mit wenigen Mitteln und geringem finanziellen Einsatz Erfolge generieren. Bei großen Unternehmen ist es schwieriger, effektiv die neuen Medien zu nutzen. Dahinter steckt oft viel Arbeit, es muss ein Konzept mit allen Verantwortlichen entwickelt werden. Oft sind die Entscheidungswege bis hin zu denen, die das, was gesendet werden darf freigeben, sehr lang. Wenn große Unternehmen im Web 2.0 aktiv werden wollen, müssen sie einen strategisch denkenden und operativ lenkenden Mitarbeiter in einer Person haben. Diese Person muss sowohl strategische Entscheidungen treffen als auch operativ bei Facebook, Twitter und Co. eingreifen können dürfen. Es ist suboptimal, dass Mitarbeiter vernatwortlich sind, die Informationen geben, pflegen und Feedback geben, sich aber immer über zwei oder drei Instanzen absichern müssen. Das sozialen Netzwerke sind mit Attributen wie „neu“, „schnell“ und „aktuell“ belegt. Dafür braucht es kurze Entscheidungswege.
Es ist für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, wichtig, Regeln aufzustellen.
Mitarbeiter sind darüber aufzuklären, was es bedeutet, wenn man Infos in die sozialen Netzwerke einstellt. Zum Beispiel, dass das Internet keine Informationen vergisst; dass man nicht über Kunden und über Interna sprechen soll; dass Bilder und Aktionen immer durchdacht sein sollten. Trotzdem sollte man aber keine Angst vor eigener Aktivität in diesem Bereich haben. Denn wenn man authentisch bleibt, braucht man keine Angst zu haben. Verstellen wird sofort bemerkt. Einfach Mut haben Fehler zu machen.
Hallo Herr Terhechte,
ein sehr informativer Beitrag. Viele Unternehmen unterschätzen die Möglichkeiten der sozialen Netzwerke und schöpfen ihre Möglichkeiten nicht voll aus. Vor allem die Hinweise auf die notwendige langfristige Organisation bzw. Koordinierung des Social Media-Engagements sind in meinen Augen sehr wichtig.
Firmen halten sich auch deshalb im Social Web zurück, weil sie einen Kontrollverlust befürchten. Auf der eigenen Website entscheidet jedes Unternehmen selbst, was veröffentlicht wird, während auf einer Facebook-Seite potentiell jeder Nutzer posten kann – auch negatives Feedback. Damit erhält der Kunde eine neue Rolle zugewiesen: Er wird vom Konsumenten zum Markenbotschafter. Hinzu kommt, dass Medienberichte über „Shitstorms“ in sozialen Netzwerken abschreckend wirken. Die Unternehmen müssen also zu der Überzeugung gelangen, dass die messbaren positiven Effekte von Facebook und Co. gegenüber den latenten Gefahren überwiegen. Erst dann können und sollten sie eine effektive Social Media-Strategie entwickeln.
Beste Grüße vom PR-Volontär Tobias Thiele und von AD HOC in Gütersloh.