Heute hatten wir eine Mitgliederversammlung unseres Vereins. Es waren fast alle da, und so konnten wir Nebensachen besprechen: die für Ende 2012 geplante Mittelstandskonferenz, unser fast noch geheimes Großprojekt, der Kassenbericht wurde verlesen und die Kassenverwaltung freigesprochen. Der Vorstand bleibt auch westenweiß.
Nebensachen?
Ja, denn ein anderes Thema beherrschte die Atmosphäre und kribbelte uns allen unter der sozialen Haut. Wir waren plötzlich mit einer Frage konfrontiert, die ganz neu für uns war. Und die Frage lautet:
„Ist es vielleicht notwendig, neue Azubis und Praktikanten zum Start im Unternehmen zunächst über grundlegende Regeln zu informieren?“
Regeln wie …
- Man haut keine anderen Menschen.
- Man fällt nicht über Ausländer her.
- Man legt kein Feuer.
- Man klaut nicht.
Ja. Plötzlich ergab sich die Notwendigkeit, genau darüber zu sprechen. Muss man davon ausgehen, dass Azubis und Praktikanten das vielleicht nicht wissen? Gilt das für alle Azubis und Praktikanten, oder evtl. nur für die in –Piep-?
Wie kommen wir dazu?
[EDIT] In der Originalversion meines Beitrags habe ich den Standort der Agentur genannt. Nach einem Anruf der Agentur bei Thomas Kilian und der Bitte, den Ort doch bitte nicht zu nennen, komme ich dem Herzenswunsch gerne und unmittelbar nach. Und: weg ist -Piep-. [/EDIT]
In –Piep- gibt es eine Agentur. Eine Internetagentur, die Webseiten feilbietet, Suchmaschinen-Optimierung in petto hat und im Social Web so richtig zu Hause ist. Das zumindest ist den feinen Texten ihrer Internetseite zu entnehmen. Die Texte sind gut, so richtig gut. Die Texte sind professionell geschrieben, SEO-optimiert und ganz klar vom Fachmann.
Die Texte haben nur einen Makel: Sie sind nicht einmalig. Und sie sind von anderen. Sie sind kopiert.
Man klaut nicht!
Und einer der Beklauten ist unser Thomas Kilian. Sein Text Was ist eigentlich Social SEO? war eins-zu-eins auf der Seite der o.g. Agentur zu finden. Ein freundlicher Leser unseres Blogs hatte ihn darauf aufmerksam gemacht.
Nun sind wir aber nicht so, dass wir sofort Chuck Norris und Konsorten um Hilfe bitten. Auch die CIA, CSI/NRW und den WDR rufen wir nicht auf den Plan. Wir suchen stattdessen das Gespräch. Und mit runtergeregeltem Zorn schlagen wir vor, dass die geklauten Texte verschwinden und die Agentur Gutes tut. Eine Spende an den Social Media OWL e.V., Brot für die Welt oder für die Azubis und Praktikanten in –Piep- halten wir für angebracht.
Der Geschäftsführer lehnt unseren Vorschlag aber großzügig ab, denn er hat ja gar keine Schuld. Er war’s ja nicht.
Und wer hat den Mist gebaut?
Eine so blöde Frage stellt nicht mal der Jauch bei 100 Euro. Das ist zu platt.
Wer hat den Mist gebaut? Die Azubis natürlich. Oder die Praktikanten. Sagt der Geschäftsführer.
Ist doch aber bitte schön auch logisch. Alle anderen wissen doch längst, dass man andere nicht haut, nicht über Ausländer herfällt, kein Feuer legt und nicht klaut.
Es ist zu vermuten, dass in –Piep- nun eine paar Anfänger nachsitzen müssen. Aufbaukurs: Ethik und Moral, die 10 Gebote und Kant.
Die Azubis und Praktikanten sollten die Zeit jedoch viel besser nutzen und flott noch ein paar Euros nebenbei verdienen (oder als Praktikanten überhaupt), denn der Geschäftsführer hat uns wissen lassen, dass er pekunäre Forderungen unsererseits natürlich an die Übeltäter und Internetterroristen in seinen Reihen weiterreichen werde. Wer Mist baut, muss dafür zahlen. Auch wieder wahr.
Gibt es noch Hoffnung?
Ich glaube, Agentur-intern ist der Zug in –Piep- abgefahren. Bleibt zu hoffen, dass es dort noch andere Ausbildungsbetriebe gibt, die wissen, dass man auch Azubis und Praktikanten mit Respekt begegnet und diese nicht öffentlich verbrennt verheizt.
Pfui.
PS: Auf die Spende bestehen wir!
Egal wer es gemacht hat, der Geschäftsführer ist erst mal mit verantwortlich für jeden Blödsinn, den seine Mitarbeiter verzapfen – selbst wenn ihm die Tat strafrechtlich nicht zugeordnet wird. Der Verweise auf die MA ist jedenfalls eine lahme Ausrede. Besser wäre gewesen: „Oha, da ist Mist passiert und ich habe wohl nicht genug aufgepasst. Ich werde das klären. Kann ich das irgendwie gut machen?“
Auch zu lesen auf last-voice.de. Und nicht vergessen: Free #PussyRiot.
Ein etwas seltsam und krude anmutender Text im Blog dieser Internetagentur, der über Inhalt und Form erahnen lässt wie es tatsächlich um die prosaischen Qualitäten der dort ansässigen Schreiber bestellt ist und in dem auf SOWL verwiesen wird hat mich nun erstens hier hin geführt und zweitens dazu gebracht, ein paar Überlegungen zu der Ausrede „Azubis und Praktikanten befüllen unbemerkt Agenturblog mit Fremdtexten“ anzustellen:
Offensichtlich darf der Praktikant auch die Inhaltseiten der erst vor wenigen Wochen neu gelaunchten eigentlichen Webseite eigenständig und ohne Kontrolle gestalten, denn
… [ AB HIER AUFGRUND DER ANONYMITÄT DES VERFASSERS GEKÜRZT ]
Lieber Herr Engelbert Humperdinck,
in der Annahme, dass dies nicht Ihr realer Name ist, Sie nicht bei der angegebenen Agentur beschäftigt sein werden und durch Ihren Kommentar Öl in das kleine Flämmchen meines Beitrages gegossen haben, habe ich Ihren Kommentar um die brisanten Passagen gekürzt.
Sollte ich mich ob Ihrer wahren Existenz irren oder Sie den Beitrag erneut posten, dann aber unter Ihrem Realnamen, wird die Welt vielleicht ein wenig heiler.
LG
Stefan Freise
Lieber Stefan Freise,
die Welt ist NICHT heiler geworden. Einfach mal wieder auf der Webseite fraglichen Agentur nachschauen. Der Look ist neu, der Blog ist frisch gefüllt. Nur die Art & Weise ist die gleiche geblieben. Copy und Paste aus diversen Quellen. Bestimmt die nächste Generation von Azubis am Werk.
Hallo Anonymous,
da wir derzeit nicht betroffen zu sein scheinen, überlassen wir die Beschwerde zunächst entweder Ihnen als Entdecker_in oder einem der betroffenen Urheber, sofern diese über den Datenklau stolpern.
Sofern Sie allerdings konkrete, belastbare Beweise haben, können Sie uns die gerne hier nennen oder per E-Mail schicken und wir prüfen das dann und geben diese dann ggfs. an Betroffene weiter.
Herzliche Grüße
Stefan Freise