Mitdenken – Mitmachen? Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen durch Social-Media, Social Content und die virale Verbreitung von Social-Video-Spots über Facebook, Twitter und YouTube.
Der Social-Video-Spot ist ein „quasi“ Werbespot oder eine kleine Videosequenz fürs Internet. Auf der einen Seite hochwertig und professionell umgesetzt und auf der anderen Seite mit dem Smartphone via Videofunktion aufgenommen, über das Internet hochgeladen und einer Netzwerkgemeinschaft kommuniziert. Der Social-Video-Spot einer gemeinnützigen Einrichtung oder einer politischen Bewegung ruft via Bewegtbild, Kommunikationsbotschaft und zumeist emotionalen Bildern zum Einsatz gegen Diskriminierung, Umweltverschmutzung und zu mehr Menschlichkeit auf. Der Videospot soll dabei für eine bestimmte gesellschaftliche Veränderung werben oder eine Meinung bilden. Facebook, Twitter und YouTube hat es mit ermöglicht: die Massenbewegung rund um Stuttgart 21, die Energiewende durch Fukushima, die politischen Veränderungen im arabischen Raum, die Unternehmenskrise rund um die Dove-Werbespots, die emotional ansprechenden Caritas Social-Videospots für mehr Menschenwürde und die international erfolgreich vernetzte Plattform Avaaz die Bürger und Bürgerinnen auffordert „mitzudenken und mitzumachen“.
Allen Nutzern der Videogemeinschaft ist als erstes sei YouTube genannt, die überdurchschnittlich hohe Verwendung zur Informationsaufnahme, Meinungsbildung und Austausch von kommunikativen Inhalten über Videos und Videoportalen. Auf den Videoportalen werden vorwiegend redaktionell bearbeitete Videos, beispielsweise Musikvideos, Werbung, filmische Kurzbeiträge oder Fernsehsendungen angeschaut. Das Angebot an Amateurvideos „die schnell mal ins Internet gestellt“ werden, überwiegt deutlich. Die von Einzelpersonen, Organisationen oder Unternehmen produzierten Videos werden von den Nutzern verwendet und viral über Facebook oder Twitter der eigenen Fangemeinde im Netzwerk als etwas „besonderes“ mitgeteilt. Durch die Empfehlung von Freunden nach dem Motto „schaut her“, entsteht eine neue Art der Realität, je nach Inhalt und Botschaft, beim Betrachter der Videos. Rein statistisch gesehen entfällt die höchste Nutzung auf Videoportalen dabei auf Musikvideos. So geben 70 Prozent derjenigen, die sich schon einmal Videos auf Videoportalen angeschaut haben, an, bereits Musikvideos aufgerufen zu haben. Kurze Film- oder Fernsehtrailer werden von einem Drittel der Onliner (33 %) genutzt, und ein Viertel (26 %) schaut sich Fernsehsendungen oder Filme über Videoportale an. Quelle: ARD/ZDF Onlinestudie 2011
Gemeinnützige Einrichtungen als auch Gewerkschaften und viele große NGO’s (Nichtregierungsorganisation) sind nicht nur Organisationen, sondern auch soziale Bewegungen. Social Media und die neue Art der Medienkommunikation via Bewegtbild rüttelt an den bewahrten Spielregeln, verwischt den Unterschied zwischen Konsument und Produzent. Sämtliche Einrichtungen, die gesellschaftlich und politisch aktiv sind, können das Zeitalter der neuen Medien nutzen, um ihre Position über das Internet zu kommunizieren. Das Internet und dessen Möglichkeiten bewirkt eine Verhaltensänderung und eine Bewusstseinsbildung: Bei denen die es wollen und bei denen wo es vorher aufgrund der Tiefe der Informationsaufnahme und -verarbeitung nicht möglich war. „Durch Social Media und unsere eigenen Netzwerke werden wir Beteiligte im Internet, können uns informieren und uns zu gesellschaftlichen Themen austauschen sowie uns unsere Meinung bilden und diese weitergeben“.
Stuttgart 21: Die Wutbürger
Wochenlang gingen Tausende auf die Straße, um für oder gegen das Großprojekt Stuttgart 21 zu demonstrieren. Die Social Media Kanäle waren voll mit Stuttgart 21. Zehntausende bekunden emotionsgeladen auf Facebook ihre Zu- oder Abneigung. Wenn es in Stuttgart hoch hergeht, kommt auch Twitter in Fahrt. Anschließend lassen sich die Geschehnisse auf YouTube nach verfolgen. Social Media spielt im Kampf um Stuttgart 21 eine wichtige Rolle. Kein Wunder, dass die Massenprotestler um die Region Stuttgart zu dieser Zeit die aktivsten Nutzer der Medien wie Facebook, Twitter und YouTube waren.
Stuttgart`s 21 Fangemeinde pro und contra auf Facebook, Quelle: Facebook
Für Stuttgart 21 http://www.facebook.com/?ref=logo#!/fuer.s21
August 2011, 176.179 Facebook-Fans
Kein Stuttgart 21 http://www.facebook.com/?ref=logo#!/keinstuttgart21
August 2011, 101.321 Facebook-Fans
Entwicklung der Tweets zu #s21 im Protestverlauf und der Massenkundgebungen (erstellt mit twittercrawl.de) s. Link http://www.netz-reputation.de/wp-content/uploads/2010/10/twttcrwl.jpg
Fukushima: Die „politische“ Energiewende
Deutschland bricht nicht erst seit Fukushima in ein neues Energiezeitalter auf. Doch die Diskussion um Machbarkeit, Zeithorizont und Kosten ist bereits in vollem Gange, über die Medien wie Fernsehen und Zeitung sowie über das Internet. Zukünftig gilt es für Regionen Innovationsvorhaben, nicht nur im Energiesektor, ihre Kosten, Auswirkungen im Umfeld transparent zu gestalten sowie das Vertrauen der Beteiligten zu gewinnen. Von entscheidender Bedeutung für einen Vertrauensaufbau ist eine glaubwürdige und dialogorientierte Kommunikation mit allen gesellschaftlichen Interessengruppen von Anfang an. Denn neben verlässlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen ist das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen Grundbedingung für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland. Die Stuttgarter „Wutbürger“ waren so erfolgreich, weil sie sich über Social Media vernetzten und darüber hinaus sich in vielfältigen Strukturen organisierten. Werden zukünftig die Grundregeln einer wertschätzenden Kommunikation durch die Wirtschaft und Politik nicht beachtet, entstehen ganz viele kleine „Stuttgarts 21“ im Internet, die die Innovationsvorhaben verlangsamen bzw. ganz stürzen können.
Dove: Es ist nicht alles „Gold“ was glänzt
Es gibt heute kaum noch einen Zweifel daran, dass „Social Media“ ein relevanter und ernst zu nehmender Teil der Meinungsbildung ist. „Social Content“, also von der Öffentlichkeit bestimmte Inhalte, durchdringen heute fast alle Medien, über Fernsehen, Zeitung und Internet. Social-Video-Spots, im Allgemeinen auch Werbespots, bieten im Internet ihre Angriffsfläche. So geschehen auch mit dem Werbespot Dove evolution von Unilever. Unilever ist einer der größten Einkäufer für Palmöl zur Herstellung ihrer Kosmetik- und Pflegeprodukte. Palmöl ist ein Pflanzenöl, das aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gewonnen wird. Vor allem aufgrund der Plantagenwirtschaft und der damit einhergehenden Abholzung großer Regenwaldflächen in den Hauptanbaugebieten der Ölpalme steht der Anbau von Ölpalmen international sowohl bei Umweltschutzorganisationen als auch politisch in der Kritik, Quelle: wikipedia. Greenpeace hat den Werbespot von Unilever zum Anlass genommen, um in vergleichender Weise über ihren eigenen Videospot auf die Missstände in der Region hinzuweisen. Grundsätzlich stellt sich die Frage beim Einsatz aufklärender, vergleichender und anklagender Videos im Internet, ob es zu einer Verhaltensänderung beim Betrachter kommt.
Dove-Werbespot vs. Greenpeace, Quelle: YouTube
Dove Werbspot http://www.YouTube.com/watch?v=iYhCn0jf46U
Greenpeace http://www.YouTube.com/watch?v=odI7pQFyjso
Caritas: Die Not vom sehen und handeln
In einem umfangreichen Social-Media-Guideline geht Caritas in Deutschland auf die Nutzung sozialer Medien ein. Als oberstes Ziel beschreibt Caritas in ihren Social-Media-Guidelines die „Not vom sehen und handeln“ In ihren Guidelines und Social-Video-Spots bringt Caritas genau diese Not auf den Punkt. Auszug aus dem Social-Media-Guideline Caritas: […] Not sehen und handeln. Damit wir als Caritas dieses Ziel erreichen, müssen wir nahe bei den Menschen sein, zuhören, nachfragen, Unterstützung anbieten. Deshalb sind wir offen für den Dialog, der über soziale Medien und Netzwerke wie Facebook, YouTube, Twitter und andere Plattformen läuft. […] Wir bringen uns mit Positionen und Aktionen in die sozialpolitische Debatte im Netz ein. […]
Quelle: Social-Media-Guidelines caritas
http://blog.caritas-webfamilie.de/2011/05/27/social-media-leitfaden-fuer-caritas-entwurf/#Leitfaden
Ausgewählte caritas Videospots, Quelle: YouTube
Kein Mensch ist perfekt http://www.YouTube.com/watch?v=FDZcYgZL9KQ
Alte Menschen als Experten fürs Leben http://www.YouTube.com/watch?v=JUwQx1Dj7KM
Tief im Herzen wissen alle, was richtig ist http://www.YouTube.com/watch?v=c1wzR9gGfp8#
Mit Social-Video-Spots zum Thema Menschwürde und Achtsamkeit unterstützt die Caritas ihre eigenen Social-Media-Ziele und schafft gleichzeitig die Brücke zu mehr Bewusstseinsbildung für die Probleme unserer heutigen Gesellschaft und geht durch die emotionale Ansprache durch Botschaft, bewegtes Bild sowie die Unterlegung von Musik direkt an die Grundwerte des Betrachters.
Avaaz: Das Netzwerk für gesellschaftliche Veränderungen – Mitmachen und Mitdenken
Social Media und soziale Netzwerke verändern die Gesellschaft, grenzüberschreitend mit Avaaz. Avaaz ging 2007 mit einer einfachen demokratischen Mission ans Netz: Bürgerinnen und Bürger auf der ganzen Welt zu mobilisieren, um gemeinsam die Lücke zwischen der Welt, die wir haben und der Welt, die wir uns wünschen zu schließen. Früher mussten sich internationale Bürgergruppen und soziale Bewegungen für jedes einzelne Problem neu zusammenfinden, Jahr für Jahr und von Land zu Land, um die Reichweite aufzubauen, die etwas bewegen konnte. Dank neuer Technologien und einem wachsenden globalen Bewusstsein und Ethos globalen Zusammenwirkens bestehen diese Beschränkungen heute nicht mehr. „Die Avaaz-Bewegung kann wie ein Sprachrohr handeln und die Aufmerksamkeit auf neue Themen lenken; wie ein Blitzableiter, der das zerstreute öffentliche Interesse in eine spezifische und vor allem zielgerichtete Kampagne kanalisiert; wie ein Löschfahrzeug, das rasch zu einem dringenden Notfall eilt; eine Art Stammzelle, die eine passende Form annimmt, um für ein plötzlich auftretendes Problem einzustehen.“
Quelle: http://www.avaaz.org/de/about.php
Mitdenken – Mitmachen: Social Media für mehr gesellschaftliche Beteiligung?
In der bisherigen Medienkommunikation waren es die Organisation und Unternehmen gewohnt, einzelne Inhalte zu kontrollieren. Social Media und Socia Content erschließt sich über die gesamte Wertschöpfungskette einer Organisation und Unternehmen hinaus. Die Grenzen zwischen privatem und öffentlichen Inhalten und Meinungen über das Internet verwischen durch den Mitarbeiter, den Kollegen, die Freunde usw. Durch die Vernetzung von Menschen in sozialen Netzwerken und die Konvergenz der Medien kann jeder Inhalt zum „Pulverfass“ werden, je nach dem wie es durch die Gemeinschaft wahrgenommen wird. Bei „Social Content“ versagt fast jede Form der Einflussnahme. Im Social Web herrscht die Freiheit vom Denken und Mitmachen. Die neue Form des Mediendialoges verändert Perspektiven, den traditionellen Meinungsführern geht die Deutungshoheit verloren. Das Internet wandelt sich, es wird zum „Social Web – zum Mitmach-Internet“, und es wird nicht mehr lange dauern, bis der Begriff „Social Media“ überflüssig wird. Mitdenken – Mitmachen: Bilder oder Videos sagen mehr als Worte, das war schon immer so und wird so bleiben. Das Bewegtbild im Internet kann gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen durch die Aufnahme von Botschaften und Inhalten beim Betrachter im positiven Sinne verändern. Gleichzeitig sollte aber auch immer die Macht „der Propaganda, Manipulation und umgekehrten Wirkung“ der neuen Medien durch den Sender und Empfänger hinterfragt werden.
Social Media, Social Content in Organisationen, Netzwerken, Verwaltung und Unternehmen